Fall Schiavo: Kardinal Martino sieht Gefahr eines Präzedenzfalls
Der langsame Prozess, in dem Terri Schiavo sterben soll, hat begonnen. Der 41jährige
Frau, die nicht im Koma liegt und selbst atmen kann, wird seit einerGehirnverletzung
1990 durch eine Kanüle ernährt. Diese wurde der Katholikin nun gestern Abend mit richterlicher
Erlaubnis entfernt. Durch die Kanüle war Terri Schiavo bisher mit Nahrung und Flüssigkeit
versorgt worden. Einige Ärzte hatten gesagt, die Patientin befinde sich in einem "vegetativen
Stadium", was die Familie Schindler, also die Eltern der Frau, verneinen. Sie sagen,
Terri reagiere und antworte auf Ansprache und könne mit der entsprechenden Therapie
wieder gesund werden. Der Ehemann von Terri Schiavo allerdings sagt, seine Frau habe
ihm einmal gesagt, sie wolle niemals künstlich am Leben gehalten werden. Moraltheologisch
hier Stellung zu beziehen, ist sehr schwierig, da es sich nicht um einen klassischen
Fall von lebenserhaltenden Maßnahmen handelt, wie es etwa bei künstlicher Beatmung
der Fall wäre. Kardinal Renato Raffaele Martino, der Präsident des Päpstlichen Rates
Justitia et Pax, allerdings sieht in dem Fall Schiavo vor allem einen Präzedenzfall:
"Wenn der Herr Schiavo es wirklich schaffen würde, den Tod seiner Frau zu erreichen,
wäre das nicht nur in sich selbst tragisch. Das wäre vielmehr ein schwerer Schritt
Richtung gesetzlicher Einführung der Euthanasie in den Vereinigten Staaten, denn Richtersprüche
haben in jenem Land eine sehr große Bedeutung für die Formung des Rechts. Ich möchte
deshalb daran erinnern, was der Papst in der Päpstlichen Akademie für das Leben gesagt
hat, als er daran erinnerte, dass das menschliche Leben nicht nach wirtschaftlicher
Effizienz, Schönheit, Lebbarkeit des körperlichen Lebens beurteilt werden kann, sondern
in der höchsten Würde der Kreatur besteht, die als Bild und Gleichnis Gottes gemacht
wurde. Niemand darf an es Hand anlegen, wenn nicht Gott selbst!"
Während das Einschreiten des Senats in letzter Minute gestern von einem Gericht in
Florida abgewiesen wurde, versucht die Familie weiterhin, dass das Nahrungsröhrchen
wieder eingesetzt wird.
David Gibbs, ein Anwalt der Familie Schindler sagt, das Leben von Terri Schiavo liegt
wahrscheinlich am ehesten und am besten in den Händen der Gesetzgeber in der Hauptstadt
des US-Staates Florida, Talahassee:
"Und wir haben da allerdings recht wenig Zeit, denn Terri ist bereits im Prozess
zum Tod gebracht zu werden. Deshalb bewegen wir uns sehr schnell und versuchen, jede
Möglichkeit auszunützen. Aber es sieht immer mehr danach aus, als ob Washington DC
oder Talahassee einen Schritt vorwärts machen müssten, um Terris Leben zu retten."
Medizinische Experten sagen, es könne mehrere Tage, ja sogar Wochen dauern, bis Terri
Schiavo sterben wird, wenn ihr die Nahrungskanüle nicht wieder eingesetzt wird. Bereits
2003 war Schiavo schon einmal die Kanüle entzogen worden, damals hatten aber Floridas
Gesetzgeber im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, das Gouverneur Jeb Bush die
entscheidende Macht über den Fall zusprach. Er ließ den Tubus damals wieder einsetzen.
(rv 19. 3. 05 lw)