Vatikan: "Segen und Fluch" - Botschaft des Papstes über die Medien
Papst Johannes Paul II. erinnert die Medien an ihre politische und soziale Verantwortung.
In seiner Botschaft zum katholischen Weltmedientag warnt er vor gefährlichem Missbrauch
der Macht, die moderne Kommunikationsmittel heute auf die öffentliche Meinung haben.
Eine falsche Nutzung von Rundfunk und Presse kann "unermesslichen Schaden" verursachen,
warnt Johannes Paul die Journalisten. Einseitige Berichterstattung könne zu "Missverständnissen,
Vorurteilen und Konflikten" führen und damit Gewalt, Kriege und sogar Völkermorde
verursachen. Hier ist der volle Text der Papst-Botschaft zum 39. "Welttag der sozialen
Kommunikationsmittel". „Die Kommunikationsmittel im Dienst der Verständigung
zwischen den Völkern“ Liebe Brüder und Schwestern! 1. Wir lesen im Brief des
hl. Jakobus: „Aus demselben Mund kommen Segen und Fluch. Meine Brüder, so darf es
nicht sein“ (Jak 3, 10). Die Schrift erinnert uns daran, dass Worte eine ausserordentliche
Kraft haben, Menschen zusammenzubringen oder zu entzweien, Bande der Freundschaft
zu schmieden oder Feindschaft zu provozieren. Das gilt nicht nur für Worte, die
zwischen zwei Menschen gewechselt werden. Es gilt gleicherweise für Kommunikation
auf jeder Ebene. Die moderne Technologie stellt uns ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung,
zum Guten, zur Verbreitung der Wahrheit von unserer Rettung in Jesus Christus und
zur Stärkung von Harmonie und Versöhnung. Der Missbrauch der Technologie kann jedoch
unerhörten Schaden anrichten und dabei zu Missverständnissen, Vorurteilen und sogar
Konflikten führen. Das für den Welttag der Kommunikationsmittel 2005 gewählte Thema
– „Die Kommunikationsmittel im Dienst der Verständigung zwischen den Völkern“ handelt
von einer dringenden Aufgabe: Die Einheit der Menschheitsfamilie zu fördern durch
den Gebrauch, den wir von diesen grossen Möglichkeiten machen. 2. Ein wichtiger
Weg zur Erreichung dieses Ziels sind Erziehung und Bildung. Die Medien können Milliarden
von Menschen über andere Teile der Welt und andere Kulturen informieren. Aus guten
Gründen hat Johannes Paul II. sie den „ersten Areopag der modernen Zeit“ genannt,
„die für viele Hauptinstrument der Information und Bildung, der Führung und Beratung
für individuelles, familiäres und soziales Verhalten geworden sind“ (Redemptoris
missio, 37). Genaues Wissen fördert Verstehen, löst Vorurteile auf und weckt den
Wunsch, mehr zu lernen. Besonders Bilder haben die Macht, dauerhafte Eindrücke zu
vermitteln und Verhalten zu formen. Bilder lehren die Menschen, wie sie Mitglieder
anderer Gruppen und Nationen einzuschätzen haben und beeinflussen sie subtil, ob sie
als Freunde oder Feinde betrachtet werden, ob als Verbündete oder potentielle Gegner. Wenn
man andere in feindseliger Weise darstellt, wird der Samen für Konflikte gesät, die
allzu leicht können in Gewalt, Krieg oder sogar Völkermord eskalieren können. Statt
Einheit und Verständigung herbeizuführen, können die Medien dazu benutzt werden, andere
gesellschaftliche, ethnische und religiöse Gruppen zu dämonisieren und dabei Furcht
und Hass zu schüren. Wer für Stil und Inhalt dessen verantwortlich ist, was über die
Medien vermittelt wird, hat die gravierende Pflicht sicherzustellen, dass gerade das
nicht geschieht. In der Tat haben die Medien ein grosses Potential, Frieden und Brückenschläge
zwischen den Völkern zu fördern sowie den fatalen Kreislauf von Gewalt, Unterdrückung
und erneuter Gewalt, der heute so weit verbreitet ist, zu durchbrechen. Mit den Worten
des hl. Paulus: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch
das Gute“ (Röm 12, 21). 3. Wenn ein solcher Beitrag zur Friedensstiftung eine der
wichtigen Methoden ist, mit denen die Medien Völker zusammenbringen können, so ist
der Einfluss der Medien für die rasche Mobilisierung von Hilfe bei Naturkatastrophen
eine andere. Es ging zu Herzen, als man sah, wie schnell die internationale Gemeinschaft
vor einem Monat auf den Tsunami reagierte, der zahllose Opfer forderte. Die Geschwindigkeit,
mit der Nachrichten sich heute verbreiten, erhöht natürlich die Möglichkeit, rechtzeitig
praktische Massnahmen für maximale Hilfeleistung zu ergreifen. Auf diese Weise können
die Medien sehr viel Gutes bewirken. 4. Das Zweite Vatikanische Konzil rief uns
folgendes in Erinnerung: „Die rechte Benutzung der sozialen Kommunikationsmittel setzt
bei allen, die mit ihnen umgehen, die Kenntnis der Grundsätze sittlicher Wertordnung
voraus und die Bereitschaft, sie auch hier zu verwirklichen“ (Inter mirifica,
4). Das grundlegende ethische Prinzip ist folgendes: „Der Mensch und die Gemeinschaft
der Menschen sind Ziel und Masstab für den Umgang mit den Medien. Kommunikation sollte
von Mensch zu Mensch und zum Vorteil der Entwicklung des Menschen erfolgen“ (Ethik
in der Sozialen Kommunikation, 21). Zunächst müssen dann die Medienschaffenden
selbst in ihrem eigenen Leben die Werthaltungen an den Tag legen, die sie anderen
vermitteln sollen. Vor allem muss dies ein echtes Engagement für das Gemeinwohl einschliessen
– ein Gut, das nicht begrenzt ist durch die engen Interessen einer besonderen Gruppe
oder Nation, sondern die Bedürfnisse und Interessen aller umfasst, das Wohl der ganzen
Menschheitsfamilie (cf. Pacem in terris, 132). Die Medienschaffenden haben die Möglichkeit,
eine wahre Kultur des Lebens zu fördern, indem sie sich von der heutigen Verschwörung
gegen das Leben distanzieren (cf.Evangelium vitae, 17) und die Wahrheit über
den Wert und die Würde jedes Menschen vermitteln. 5. Das Modell und Grundmuster
aller Kommunikation findet sich im Wort Gottes selbst. „Viele Male und auf vielerlei
Weise hat Gott einst zu unseren Vätern gesprochen durch die Propheten. In dieser Endzeit
aber hat er zu uns gesprochen duch den Sohn“ (Hebr 1, 1-2). Das Inkarnierte Wort hat
einen neuen Bund errichtet zwischen Gott und seinem Volk – einen Bund, der uns in
Gemeinschaft untereinander verbindet. „Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die
beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand der
Feindschaft nieder“ (Eph 2, 14). Ich bete an diesem Welttag der Kommunikationsmittel,
dass die Männer und Frauen in den Medien ihren Teil dazu leisten, die trennenden Mauern
der Feinschaft in unserer Welt einzureissen, jene Mauern, die Völker und Nationen
voneinander trennen und dabei Missverstehen und Misstrauen nähren, dass sie die ihnen
zur Verfügung stehenden Mittel dazu nutzen mögen, die Bande der Freundschaft und Liebe
zu stärken, die ein klares Zeichen für den Anbruch des Reiches Gottes hier auf Erden
sind. Aus dem Vatikan, 24. Januar 2005, am Fest des hl. Franz von Sales. JOHANNES
PAUL II.