Vatikan: Papst fordert Frieden, warnt vor Anti-Familie-Gesetzen - Grosse Rede vor
Diplomaten
Papst Johannes Paul II. drängt die Menschheit, sich ihren Traum vom Frieden nicht
nehmen zu lassen. Zwar habe der Terrorismus eine ungeahnte globale Dimension erreicht;
aber mit Menschlichkeit ließen sich alle Probleme angehen. Das sagte der Papst heute
in seiner traditionellen Neujahrs-Ansprache vor Diplomaten aus 174 Staaten, die beim
Vatikan akkreditiert sind. An der großen Audienz im Vatikan nahmen auch Vertreter
der EU, Russlands, der PLO und des Souveränen Malteserordens teil.
Hier sind
die Kernsätze aus der Papst-Rede, die zum Teil von einem Mitarbeiter Johannes Pauls
verlesen wurde.
"Die furchtbare Natur-Katastrophe von Ende Dezember hat das
Jahresende schmerzhaft geprägt. Auch andere Tragödien machten 2004 traurig, etwa die
barbarischen Akte des Terrors im Irak und anderen Staaten, das Attentat in Madrid,
das Massaker von Beslan, die unmenschliche Gewalt in Darfur, die Grausamkeiten in
der afrikanischen Region der Großen Seen. Aber Gott lädt uns ein, uns nie entmutigen
zu lassen. Stattdessen sollen wir die gemeinsamen Bande der Menschlichkeit stärken.
Wo ein Mensch ist, da ist für uns ein Bruder. Die erste Herausforderung an die
Menschheit heute ist die Bedrohung des Lebens. Da geht es vor allem um den Beginn
des Lebens - den Moment, wo der Mensch am schwächsten ist. Gegensätzliche Vorstellungen
prallen aufeinander in Sachen Abtreibung, künstliche Befruchtung, Stammzellforschung,
Klonen. Die Kirche sagt klar, dass der Embryo nicht in seiner Integrität und Würde
verletzt werden darf. Das Heiligtum des Lebens ist die Familie. Sie wird heute
oft durch soziale und kulturelle Faktoren bedroht - in einigen Staaten auch Gesetze,
die - manchmal sogar direkt - ihre natürliche Struktur beschädigen. Eine Familie,
das ist ein Bund zwischen Mann und Frau in der Ehe. Eine zweite Herausforderung
ist die Armut. Die Erde hat eigentlich genug Ressourcen, um alle ihre Bewohner zu
ernähren. Trotzdem sterben jedes Jahr Millionen Kinder an Hunger oder seinen Folgen.
Aller Einsatz der UNO und der NGOs reicht nicht: Wir brauchen eine starke moralische
Mobilisierung der öffentlichen Meinung und der Politiker. Dann ist da noch die
Herausforderung des Friedens. Wie viele Kriege und bewaffnete Konflikte toben noch!
Von einem Ende des Globus zum anderen fordern sie unzählige unschuldige Opfer! Und
der Terrorismus hat mittlerweile eine globale Dimension wie nie zuvor. In Afrika
sehe ich aber doch einen wachsenden gemeinsamen Willen, Konflikte zu lösen und zu
vermeiden, etwa in der Afrikanischen Union. Auch in Nahost scheint die grausame Konfrontation
sich zu beruhigen. Und in Europa versucht die EU , mit dem Verfassungsvertrag noch
stärker zu werden und weiterhin andere Staaten aufzunehmen. Andere Herausforderung:
die Freiheit. Sie ist vor allem ein Recht des Einzelnen. Wie die Menschenrechtserklärung
sagt, werden "alle Menschen frei geboren". Die gleiche Erklärung garantiert auch ausdrücklich
das Recht auf Religionsfreiheit. Sie wird aber weiter in vielen Staaten nicht genug
anerkannt. Aber man sollte nicht fürchten, dass Religionsfreiheit andere Freiheiten
einschränken oder die Beziehungen innerhalb eines Staates beschädigen könnte. Dank
Religionsfreiheit enwickelt und verbreitet sich vielmehr auch jede andere Freiheit."