2005-01-07 17:14:35

Dossier: Jetzt Kinder adoptieren?


Tausende Kinder in Südostasien wurden über Nacht zu Waisen. Im den reichen westlichen Ländern wollen viele helfen, indem sie Kinder zu sich holen wollen, sie adoptieren wollen. Doch das ist eine höchst zweischneidige Sache. Gudrun Sailer sprach darüber mit Stefanie Frels, Fachfrau für Kinderpatenschaften beim Kindermissionswerk “Die Sternsinger”, und fragte sie zunächst, wie man Kindern in den Katastrophengebieten im Augenblick am besten helfen kann.

Ganz wichtig ist, dass die Kinder in ihrem gewohnten Umfeld unterstützt werden. Das ist eigentlich auch das Ziel unserer Projekte, dass wir sagen: Die vorhandenen Partner, mit denen wir bisher gearbeitet haben, die wollen wir dahingehend stärken, dass wir sagen“ Versucht erstens natürlich, die Familien der Kinder ausfindig zu machen, mit Hilfe auch der Caritas, sicherlich, und, wenn das nicht mehr möglich ist, versucht, die Kinder in Familien, in Großfamilien oder auch bei Bekannten, Nachbarn unterzubringen und dort zu betreuen und sie eben nicht dort herauszureißen.

Sind das Dinge, die auch an Sie als Kindermissionswerk herangetragen werden: „Wir würden gerne helfen, indem wir ein Kind ganz adoptieren, zu uns nach Deutschland holen“?

Ja, das ist leider so. Wir haben vermehrt Anfragen gehabt. Menschen, die wirklich die Vorstellung haben „Wie wollen ein Kind (leider bisher auch immer nur Thailand favorisiert) adoptieren und im damit helfen.“ Und wir versuchen natürlich, dahingehend die Leute aufzuklären, dass damit dem Kind eigentlich nicht geholfen ist und zu dieser Traumatisierung, der Verlust der Eltern, die Zerstörung der Umwelt, kommt dann hinzu, dass es aus seiner Kultur gerissen würde. Und das ist sehr schwer, den Leuten zu vermitteln, dass das gar keine Lösung sein kann. Die einzigen Organisationen, auf die wir auch immer wieder verweisen, sind die, die zum Beispiel in Not- oder Krisengebieten Einsätze haben, wo Kinder nach Deutschland gebracht werden für Operationen, die im Heimatland nicht machbar sind. Diese Kinder werden ja zum Teil auch sehr lange dann in Deutschland sein und für diese Kinder werden auch Pflegefamilien gesucht. Aber das sind keine Adoptionen, sondern diese Kinder gehen auch alle wieder zurück in ihre Heimat anschließend.

Viele katholische Einrichtungen, und auch die Ihre, lehnen sogenannte Fernadoptionen ab, bei denen man also pro Monat einen bestimmten Betrag für ein bestimmtes Patenkind spendet. Warum lehnen Sie das Konzept ab?

Zum einen, denke ich, muss man ja das Kind in seinem Umfeld sehen. Und wenn man es da exklusiv bevorzugen würde, indem eben diesem einen Kind auch klar wird „Du wirst speziell gefördert und die anderen nicht“, dann ist das sozial völlig unverträglich. Das schafft Abhängigkeiten, Begehrlichkeiten bei den Angehörigen, ein Kind wird unter Druck gesetzt, dem es unter Umständen gar nicht standhalten kann. Und wir müssen ja auch ganz realistisch sehen: Die Mehrheit der Kinder spricht keine der gängigen Amtssprachen. Das heißt, es ist sowieso kein direkter Kontakt mit dem Kind möglich, sondern es müsste immer über einen Partner laufen, der dann ein Briefchen für das Kind schreibt und weiterleitet. Und das ist ja dann gar nicht mehr diese unverfälschte, direkte Form, die den Leuten vorgegaukelt wird in der Regel.

Gelegentlich ist ja in diesen Tagen zu hören, im allgemeinen Chaos in den Flutgebieten würden Kinder entführt, um dann auf alle möglichen Arten missbraucht zu werden, als Prostituierte, als Organspender beispielsweise. Sie stehen ja im Kontakt mit Ordensleuten und Helfern in den betroffenen Regionen. Können die diesen schrecklichen Verdacht bestätigen?

Bisher noch nicht. Wir haben aufgrund dieser Berichte noch mal sehr deutlich nachgefragt, ich will da ein Beispiel nennen: Die Salesianer auf Sri Lanka, die ja sehr intensiv mit Straßenkindern und Kindersoldaten arbeiten, können das in keiner Weise bestätigen. Man muss aber auch sehen, dass jetzt die Regierungen reagiert haben. Zum Beispiel auf Sri Lanka ist ein generelles Adoptionsverbot erlassen worden, was sicherlich damit im Zusammenhang steht. Man will dem schon wirklich einen Riegel vorschieben, nur wie gesagt, wir haben bisher keine Informationen in diese Richtung. Und wir hoffen natürlich, dass das auch so bleibt.

(rv 7.1.05 gs)







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