Einen Monat hat die Waffenruhe gedauert, jetzt steht Nord-Uganda wieder am Abgrund.
Heute läuft die Vereinbarung zwischen Regierung und Rebellen über eine Waffenruhe
aus, und noch hat sich die sektenähnliche Gruppe namens "Widerstandsarmee des Herrn"
nicht zu förmlichen Friedensverhandlungen überreden lassen. Achtzehn Jahre dauert
der äußerst blutige Bürgerkrieg in Norduganda schon - laut UNO von allen vergessenen
Konflikten der schlimmste. Der Comboni-Missionar Tarcisio Pazzaglia arbeitet in Kitgum. "Auch
wenn ich in Norduganda lebe, bekomme ich diese Nachrichten doch nur aus den Zeitungen
mit. Hier vor Ort merkt man keinen Wechsel: Die Rebellen holen sich weiter mit Gewalt
was zu essen, die Leute leben immer noch in Flüchtlingscamps und hängt von Hilfe von
außen ab. Die Bevölkerung hofft, aber bis jetzt gibt es ja nichts Konkretes. Immerhin
gab es in letzter Zeit keine Hinterhalte auf den Straßen - aber wer nur einen Schritt
abseits der Straßen macht, der lebt gefährlich." Und darum, so berichtet der Missionar,
herrscht bei der Bevölkerung denn doch eher Mißtrauen vor, was ein Ende des Krieges
angeht. "So oft schon haben die Parteien angefangen, zu verhandeln, und konnten
sich dann auf nichts einigen! Das sind überhaupt keine richtigen Kontakte, wo schon
über irgendwas Konkretes gesprochen wird... Die Rebellen haben zwar schon Regierungs-Unterhändler
getroffen, aber jetzt wollen sie noch mit den Religionsführern sprechen: Katholiken,
Protestanten, Moslems. Vielleicht kommt aus diesem ganzen Gerede irgendwann mal eine
echte Verhandlung zustande, wo man erfährt, was die Guerriglia überhaupt will und
was die Regierung zu geben bereit wäre." Rebellenführer Joseph Koney halte sich
derzeit im Sudan auf und kämpfe dort offenbar noch - vor ein paar Tagen erst gab es
einen blutigen Überfall auf Dorfbewohner im Südsudan, die regelrecht geschlachtet
wurden. Der womöglich verrückte Bandenchef habe noch nicht zu erkennen gegeben, ob
sich Friedensverhandlungen mit ihm überhaupt machen ließen. Norduganda blickt weiter
in den Abgrund. (rv 15.12.04 sk)