"Die Völker und Staaten Europas müssen deutlich machen, dass allein die Prinzipien
des Rechts und demokratischer Selbstbestimmung die Grundlage für eine gemeinsame und
friedliche Entwicklung bilden können." Das fordert der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Karl Lehmann, angesichts der „von schweren Unregelmäßigkeiten“ belasteten
Wahl in der Ukraine. In einem Schreiben an den Großerzbischof von Lemberg, Kardinal
Lubomyr Husar, und an den Erzbischof von Lemberg, Kardinal Marian Jaworski, drückt
er zugleich seine Solidarität aus „mit allen, die sich gewaltfrei und mit Augenmaß
und Vernunft um eine Lösung der schwierigen Situation bemühen“. Die Situation sei
„nur zu retten, wenn nun alles getan werde, um dem authentischen Willen der ukrainischen
Wähler zum Durchbruch zu verhelfen“, so Lehmann weiter. Es gehe nicht nur um Freiheit
und Demokratie in der Ukraine. „Auch Stabilität und Integrität des ganzen Europa stehen
auf dem Spiel.“ 25.11.04: Ukrainischer Bischof in Deutschland fordert Gebet Der
Apostolische Exarch für die katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland,
Bischof Petro Kryk, ruft zum Gebet für Gerechtigkeit und Frieden in der Ukraine auf.
Die Welt schaue mit großer Besorgnis auf die Entwicklung in der Ukraine, so der Bischof
heute in München. Die Ukraine habe begonnen, Grundprinzipien wie Freiheit und Selbstbestimmung
ins Leben umzusetzen. Es gebe eine gemeinsame Verantwortung aller dafür, dass die
Staaten sich in Gerechtigkeit und Freiheit entwickeln könnten. Das gelte derzeit besonders
für die Ukraine. Der ukrainische Bischof in Deutschland schließt sich einem Hirtenbrief
der Bischofssynode der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche und ihres geistlichen
Oberhauptes, Kardinal Ljubomyr Huzar, an. Der Kardinal und die Synode rufen in dem
Hirtenbrief „zu einem gemeinsamen Gebet um Gottes Hilfe“ auf. Die Ukrainisch-Katholische
Kirche habe in keiner Weise für einen der beiden Präsidentschaftskandidaten geworben.
Aber sie habe die Gläubigen mehrmals auf die Bedeutung und Beachtung demokratischer
Prinzipien bei den Wahlen hingewiesen und vor möglichen Verstößen gewarnt. Heute sei
das Volk überzeugt, dass gegen diese Prinzipien verstoßen worden sei. Der Hirtenbrief
nimmt ausdrücklich die gegen Wahlfälschungen demonstrierenden Menschen in Schutz.
Wenn diese auf die Straße gingen, um ihre verfassungsmäßigen Rechte in friedlicher
Weise zu schützen, seien sie nicht „eine dunkle Masse“ oder „die Straße“. Es handle
sich um vernünftige, opferbereite und verantwortungsvolle Menschen, die es wert seien,
dass man sie in würdiger Weise achte und ihrer Stimme Gehör schenke. Die Bischöfe
warnen die gegenwärtige Regierung der Ukraine, „während der Suche nach einem Ausweg
aus dieser sehr schwierigen Situation ihre Stellung, ihre Möglichkeiten, ihre Macht-
und Rechtsstrukturen für die eigenen Interessen und gegen das eigene Volk zu missbrauchen“. 25.11.04:
Renovabis bezweifelt Wahlergebnis in Ukraine Auch das kirchliche deutsche
Hilfswerk Renovabis stellt sich hinter den Appell der ukrainischen Bischöfe. Die angespannte
Lage in der Ukraine gibt nach Auffassung von Renovabis Anlass zu größter Besorgnis.
Die Menschen, die dort nun auf den Straßen demonstrierten, fühlten sich getäuscht
und hätten begründete Zweifel an der Echtheit des amtlichen Wahlergebnisses. Jesuiten:
"Das sind die letzten Zuckungen" Die europäischen Jesuiten rechnen mit einem
Durchbruch in der Ukraine. Wenn die Demonstranten jetzt keinen Sieg errängen, dann
werde er "in nächster Zeit" kommen. Nach Einschätzung des Jesuiten David Nadar, der
in der Ukraine lebt, seien die Umstände der jüngsten Wahlen "die letzte Zuckung der
alten Kräfte - und die wissen das." (pm/rv 25.11.04 sk)
24.11.04: Bischof
warnt vor Blutvergießen Die Wahlkommission will heute das umstrittene Ergebnis
der Präsidentenwahlen offiziell bekanntgeben. Die EU warnt vor diesem Schritt und
verlangt zuvor eine Überprüfung. In Kiew gehen die Massendemonstrationen weiter. Die
griechisch-katholische Kirche ruft die Regierung heute auf, die Gesetze zu respektieren
und nicht zur Gewalt zu greifen. Indirekt wirft die Bischofssynode der Regierung vor,
das Wahlergebnis gefälscht zu haben. Weihbischof Stanislav Szyrokoradiuk von Kiew
fürchtet, dass ein Blutvergießen bevorstehen könnte. In einem Interview stellt er
sich hinter die Demonstranten; das Ergebnis sei gefälscht worden, die Katholiken der
Ukraine stünden fest hinter Juschtschenko. Über hundertfünfzig ukrainische Diplomaten,
unter ihnen der Sprecher des Außenministeriums, haben sich in einer Erklärung hinter
Juschtschenko gestellt. Präsident Leonid Kutschma ruft zu Verhandlungen auf, Moskau
zieht seine Gratulation an den angeblichen Wahlsieger Viktor Janukowitsch zurück. (agenturen/cns
24.11.04 sk)
24.11.04: Papst betet für Ukraine Der Papst betet für
die Ukraine. Das sagte er heute bei seiner Generalaudienz. An ukrainische Pilger gewandt,
meinte er wörtlich: "Ich versichere euch und dem ganzen ukrainischen Volk, dass ich
in diesen Tagen besonders für euer Land bete." Die Worte Johannes Pauls II. tauchen
im ursprünglichen Redemanuskript nicht auf. Es war die erste ukrainische Ansprache
des Papstes in den letzten Monaten. Unter den ukrainischen Pilgern heute in Rom
waren auch Anhänger des ukrainischen Oppositionsführers Viktor Juschtschenko, erkennbar
an orangenen Fahnen. Die gleichen Fahnen spielen auch bei den derzeitigen Demonstrationen
in Kiew eine Rolle. Die Pilger, unter ihnen Priester und Ordensleute, skandierten
Sprechchöre und hielten Bilder Juschtschenkos hoch. Beobachter gehen davon aus,
dass Johannes Paul die Ereignisse in der Ukraine aufmerksam verfolgt, zumal es auch
in seiner polnischen Heimat in einigen Städten zu Solidaritäts-Demonstrationen kommt. (rv
24.11.04 sk)
23.11.04: Demonstrationen in Kiew Der nach den offiziellen
Zahlen unterlegene Präsidentschafts-Kandidat Viktor Juschtschenko hat im Parlament
einen "Amtseid" geleistet. Gleichzeitig marschierten Hunderttausende von Demonstranten
zum Parlament in Kiew, um Druck auf die Abgeordneten zu machen. Kirchenkreise sind
besorgt über die wachsende Spannung. Die Kluft zwischen West- und Ost-Ukraine hat
auch eine kirchliche Komponente: Im Westen dominieren die mit Rom unierte griechisch-katholische
Kirche und die ukrainisch-orthodoxe Kirche des "Kiewer Patriarchats", die sich von
Moskau losgesagt hat. Zu dieser letzteren gehört auch der offiziell unterlegene Präsidentschafts-Kandidat
Viktor Juschtschenko. Im Osten hat die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats
die Mehrheit. Bei den Demonstrationen in Kiew sind derzeit auch viele Priester
und Seminaristen zu sehen. Einige Oppositions-Anhänger führen große Marienbilder mit
sich. Heute früh fand sogar ein "ökumenisches Gebet" am Rand der Demonstration statt. (spiegel-online/kap/rv
23.11.04 sk)