Die Kirche will über ihre Hochschulseelsorge erreichen, dass sich "ein neuer Humanismus"
durchsetzt. Das ist der Kerngedanke eines neuen Vatikan-Papiers, das sich mit "Grundzügen
der Hochschulseelsorge in Europa" beschäftigt. In der vatikanischen Bildungskongregation
träumt man von einer erneuten "Evangelisierung der Kultur" in Europa - kein Orchideenthema,
spätestens seit die EU-Verfassung ganz ohne das Wörtchen "Christentum" auszukommen
glaubt. "Der Mensch muß wieder ins Zentrum aller wissenschaftlichen Forschung und
aller Kulturarbeit rücken", meint Bischof Cesare Nosiglia vom Rat der europäischen
Bischofskonferenzen. "Der Mensch muß mit seinen Rechten, seinen Pflichten, auch mit
seinen spirituellen und moralischen Bedürfnissen verstanden werden. Genau das bedeutet
"umfassender Humanismus": den Menschen in seiner Ganzheit, in allen seinen Dimensionen." Klingt
vatikanisch-kompliziert. Ist aber eine hochamtliche Anerkennung dessen, was Hochschulseelsorger
in Europa, auch an deutschen Unis, leisten. Die Gretchenfrage heißt: Wünschen sich
die Universitäten heute überhaupt den vatikanischen Neu-Humanismus? Haben die da drauf
gewartet? "Die höchste und edelste Tradition der Universität ist doch die des Wissens-Austausches",
hält der Rektor einer römischen katholischen Uni dem entgegen; es ist Giuseppe Dalla
Torre. "Und dazu gehört doch nun mal die Theologie. In früheren Jahrhunderten haben
der Positivismus und die Ideologien den freien, spontanen Fluß der Ideen eingeschränkt.
Heute haben wir da eigentlich bessere Bedingungen." Europas Bischofskonferenzen
beugen sich jetzt über den Vatikan-Text. Start für eine Konsultationsphase, in der
sich die Pisa-Priester von Rom viele frische Ideen für Europas Hochschulseelsorge
erhoffen. (rv 17.11.04 sk)