Niederlande: Bischöfe warnen vor ethnischem Konflikt
In den Niederlanden kehrt langsam wieder Ruhe ein. Die Polizei verzeichnet vorerst
keine weiteren Brandanschläge mehr, wie sie in den vergangenen Tagen seit dem Mord
an Theo van Gogh registriert wurden. Doch dass es brodelt in der multiethnischen und
auf engstem Raum zusammenlebenden niederländischen Gesellschaft – daran kann niemand
mehr vorbeisehen. So warnt auch der Bischof von Rotterdam
Adrianus van Luyn
davor, den Konflikt zu unterschätzen.
"Das ist eine sehr brisante Sache, weil Leute von beiden Seiten protestieren: Es wurden
Moscheen angegriffen, und es wurden Kirchen angegriffen. In meinem Bistum Rotterdam
zum Beispiel haben Unbekannte versucht, die Kirche der polnischen Gläubigen anzuzünden.
Und das ist natürlich sehr gefährlich, wenn das so weitergeht, wenn Gruppen von beiden
extremen Seiten von dieser Situation profitieren, um die ganze Gesellschaft unter
Druck zu setzen."
Unabwendbar ist die Spaltung der niederländischen Gesellschaft aber nicht, betont
der Bischof von Rotterdam. Mit einem umsichtigen Handeln der Regierung sei es aber
nicht getan. Besonders die verschiedenen zivilen Kräfte der niederländischen Gesellschaft
müssten aufhören, aneinander vorbeizuschauen. In Zeiten der Krise sei der Dialog unerlässlich.
Das sieht dann für Van Luyn so aus, "dass wir versuchen, von allen Seiten selbstkritisch
zu sein. Wir haben alle unsere dunklen Seiten, aber dass wir versuchen, die Kräfte
zu einen für das Gemeinwohl in unserer Gesellschaft, im Bewusstsein, dass dieses Gemeinwohl
alle Interessen von Gruppen, von politischen Richtungen, von Glauben, von Kulturen
übersteigt."
Gestern haben die Bischöfe des Landes aus aktuellem Anlass einen offenen Brief an
die niederländische Gesellschaft veröffentlicht. Dazu der
Erzbischof von Utrecht, Kardinal Adrianus
Simonis.
"Ich höre, dass das sehr gut aufgenommen worden ist. Wir versuchen zu sagen, wir haben
die Moslems selber in unser Land geholt, sie leben hier, sie haben Recht auf ihre
Meinung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir in einer friedlichen Gesellschaft zusammenleben,
mit Respekt füreinander. Aber sie glauben auf diese Weise, und wir glauben auf andere
Weise."
(rv 12.10.04 gs)