Vatikan: Bischof Küng zum Visitator für St. Pölten ernannt
Papst Johannes Paul II. hat heute den Vorarlberger Bischof Klaus Küng zum Visitator
für St. Pölten ernannt. Er hat umfangreiche Vollmachten für die Diözese und insbesondere
für das Priesterseminar, das wegen des Besitzes von kinderpornografischen Bildern
ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten ist und dessen Regens und Subregens nach
der Veröffentlichung homoerotischer Fotos ihren Hut nehmen mussten. Bevor Bischof
Küng sich heute nachmittag auf den Weg nach St. Pölten machte, erläuterte er uns seine
"delikaten und diffizilen Aufgabe" dort: "Es geht darum, sich ein möglichst
klares Bild zu machen in Bezug auf die Diözese und dann diese Vorgänge im Seminar.
Beim Seminar sind besondere Vollmachten gegeben, d.h. ich kann da sicher auch eingreifen,
wenn es erforderlich ist mit der nötigen Gründlichkeit, die Dinge untersucht werden.
Dann wird es darum gehen, die zuständigen Kongregationen informiert und eventuell
auch Vorschläge unterbreitet." Küng ist österreichischer "Familienbischof"
und Mitglied der Klerus-Kongregation. Zu den Gründen, warum der Papst ihn ernannt
habe, meinte er: "Ich vermute, dass das damit zusammen hängt, dass ich jetzt
nicht verwickelt bin ind die verschiedenen Auseinandersetzungen in St. Pölten. Und
ich glaube, dass der Heilige Vater halt einfach so hofft, dass eine möglichst objektive
Information zustande kommt." Wenn man die Abläufe im Vatikan kenne, habe der
Papst damit auf dem "schnellstmöglichen Weg" eingeschritten, betont Bischof Küng: "Mir
scheint, dass es sehr wichtig ist, allen Gläubigen gegenüber, die Vertrauen haben
in die Kirche, dieses Vertrauen, wo es geschädigt ist, zurückzugebeen und auch sichtbar
zu machen, dass die Kirche sehr wohl eingreift, wenn es erforderlich ist, und Schritte
setzt." Der Nuntius, Erzbischof Georg Zur, teilte die Entscheidung Bischof
Krenn wie auch den anderen Bischöfen mit. Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn,
der seinen Urlaub abbrach, sprach bei einer Pressekonferenz heute von einer "außergewöhnlichen"
Entscheidung des Papstes und einer "seltenen" Maßnahme: "Diese Maßnahme ist
ein wichtiger Schritt hin zu einer Sanierung der Situation. Wir wissen inzwischen
alle und spüren es schmerzlich, dass eine solche Sanierung notwendig ist." Auch
wenn Bischof Kurt Krenn in einer kurzen Stellungnahme auf seiner Homepage die Ernennung
des Visitators begrüßte: De facto bedeutet sie eine zumindest zeitweilige Einschränkung
der Recht des Ortsbischofs. Kardinal Schönborn: "Während der Visitation hat
der Visitator zwar nicht sozusagen die volle Leitungsgewalt der Diözese, aber es ist
doch alles auf ihn bezogen, alle großen Entscheidungen müssen mit dem Visitator abgesprochen
sein, auch öffentliche Stellungnahmen sind mit dem Visitator abzuklären. Er hat also
weitgehende Befugnisse während der Visitation, und ich denke, das ist auch ein richtiger
Schritt, damit er in Ruhe und entschieden arbeiten kann." Über die Frage, ob
Krenn zurücktreten solle, stehe nur dem Papst eine Antwort zu, und der Visitator werde
diesem genau berichten, kündigte Schönborn an. (rv)