Nicht nur in der österreichischen Kirche ist das Entsetzen groß über die Vorgänge
im Bistum St. Pölten. In Medien wird immer wieder über eine mögliche Abberufung von
Bischof Kurt Krenn spekuliert, weil er die Sex-Skandale in seinem Priesterseminar
nicht unterbunden hat. Krenn erklärt zwar in Interviews, die Sache gehe nur sein Bistum
etwas an, und er bemühe sich um Schadensbegrenzung. Zu einem möglichen Eingreifen
Roms meint Krenn wörtlich: "Aber das macht doch nichts. Freunde aus Rom sind doch
Freunde." Aber Marcus Graulich, Kirchenrechtler an der päpstlichen Universität Salesiana
in Rom, meint zu Krenn:"Er hat die Aufsichtspflicht verletzt. Er ist natürlich
dafür zuständig, dass in seinem Seminar nicht nur den Priesteramtskandidaten nicht
geschadet wird, sondern dass da natürlich auch die Moralordnung der Kirche gelebt
wird. Wenn die Mißstände so sind, wie sie geschildert werden und durch Fotos dokumentiert
werden, ist das eine grobe Verletzung seiner Aufsichtspflicht und damit seiner Hirtensorge,
die er nicht nur im Hinblick auf die Seminaristen hat, sondern auch im Hinblick auf
die Gläubigen, zu denen die Seminaristen nachher als Priester gesandt werden." Aus
der Sicht des Kirchenrechtlers Graulich ist jetzt gar nicht die österreichische Kirche
am Zug, sondern gleich der Vatikan."Der Metropolit ist dann zuständig, wenn sich
Bischof Krenn eine Kirchenstrafe zugezogen hätte, was bisher nicht der Fall ist. Und
sonst wird gleich Rom eingreifen. Natürlich kann Rom auch tätig werden auf Grund der
Intervention von Kardinal Schönborn. Wir erinnern uns da auch an den Fall von Kardinal
Groer - da war`s ja auch die Initiative von Kardinal Schönborn, damals noch Koadjutor
der Diözese, die letztlich zum Eingreifen geführt hat." Konkret stellt sich
der Kirchenrechtler Graulich das weitere Prozedere im Fall Krenn jetzt so vor:"Dass
der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Re, ihn evt. mit einem Mitarbeiter
des Staatssekretariats zu Gesprächen bittet, um seine Position zu klären. Und je nachdem,
wie schnell er einlenkt oder auch nicht, kann das Verfahren länger oder kürzer dauern." (rv
15.07.04 sk)