Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat in diesen Tagen mit einem
neuen "großen Lauschangriff" von sich reden gemacht. Das heikle Thema tauchte in einem
Referenten-Gesetzentwurf aus ihrem Hause auf und wurde von der SPD-Spitze, nämlich
Parteichef Franz Müntefering, gleich niedergebügelt. Die Medien konnten wieder über
die Verwanzung von Anwalts-Kanzleien, Journalistenbüros oder sogar Beichtstühlen spekulieren.
Im Gespräch mit Radio Vatikan stellt Bundesjustizministerin Zypries allerdings klar,
dass ihr Haus weiter am Thema "Lauschangriff" dranbleiben will. "Der Bedarf
für die Überarbeitung des Gesetzes hat sich ergeben aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,
die noch mal den Rahmen klargestellt hat, innerhalb dessen Wohnraum in Deutschland
abgehört werden darf... Unser Entwurf hatte nie vorgesehen, Beichtgespräche abzuhören.
Das ist eine schlechte oder falsche Darstellung in der Presse. Wir haben immer gesagt,
dass Beichtgespräch ist ein höchst vertrauliches Gespräch, das darf nicht abgehört
werden. Das gehört sozusagen zum Kernbereich privater Lebensgestaltung, da ist jeder
geschützt." Die im Grundgesetz verankerte "Unverletzlichkeit der Wohnung" bestehe
sowieso nicht ohne Einschränkung."Die Wohnung ist insofern geschützt, als dort
Privatgespräche geführt werden, die zum Intimbereich des privaten Lebens gehören.
Aber wenn Sie sich in einer Wohnung treffen, um Straftaten zu verabreden, dann darf
das nach unserem Recht abgehört werden - wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind.
Das geht nicht einfach; wir haben in ganz Deutschland dreißig Fälle von Wohnraumüberwachung
pro Jahr, das heißt, das ist ein Instrumentarium, von dem nur sehr, sehr selten Gebrauch
gemacht wird." Zypries äußerte sich auch zum Thema Patientenverfügungen. Nach
dem Vorschlag einer Arbeitsgruppe soll die Verbindlichkeit dieser Verfügungen gestärkt
werden; die Deutsche Hospiz-Stiftung stellt aber fest, dass die entsprechenden Formulierungs-Vorschläge
die Menschen verwirrten. Dazu Zypries:"Das kann ich nicht erkennen; wenigstens
haben wir keine entsprechenden Briefe bekommen. Im Gegenteil: Die Leute waren alle
sehr erfreut darüber, dass die Arbeitsgruppe Texte vorgelegt hat, die es jedem einzelnen
ermöglichen, sich wirklich intensiv mit einer solchen möglichen Situation des Nicht-mehr-über-sich-selbst-verfügen-Könnens"
auseinanderzusetzen, und wir haben da eine sehr gute Resonanz." Die Ministerin
hielt in dem Gespräch an Plänen fest, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften qua Gesetz
mehr Rechte zu geben. Anders als die katholische Kirche halte sie das nicht für eine
Schwächung des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie."Das ist völlig unstreitig,
dass Ehe und Familie davon gar nicht betroffen sind! Im Gegenteil: Diese Bundesregierung
hat soviel wie keine andere vor ihr dafür getan, dass gerade Familien mit Kindern
bessergestellt werden unddass Kinder eine bessere Lebenschance bekommen. Es
gibt mehr Kindergeld, es gibt höhere Steuerfreibeträge, wir machen jetzt bessere Betreuung,
wir haben eine Gesamtschulen-Initiative gemacht - das heißt: Wir fördern Ehe und Familie,
wo immer wir nur können. Wir müssen halt nur zur Kenntnis nehmen, dass es auch gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften gibt und dass diese - auch nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
- nicht schlechter gestellt werden müssen... Die Ehe bleibt ja in ihrer Bedeutung
erhalten - daran ändert sich überhaupt nichts. Wir sagen nur: Es gibt daneben auch
andere Lebensformen, und diesen Lebensformen geben wir einen rechtlichen Rahmen. Das
haben wir schon in der letzten Legislaturperiode gemacht, und wir sagen jetzt: Es
gibt eben nicht nur diesen rechtlichen Rahmen, sondern es gibt dann auch eine gegenseitige
Einstands- und Verpflichtungs-Pflicht. Also: Wir wollen auch, dass diese Paare beispielsweise
dann nach der Trennung noch füreinander sorgen." Von einem möglichen Anti-Diskriminierungs-Gesetz
hätten die deutschen Kirchen nichts zu befürchten, beteuerte Zypries."Zunächst
einmal ist es noch ungewiß, in welcher Form es in Deutschland eine Regelung zur Anti-Diskriminierung
geben wird - wir wissen nur mit Sicherheit, dass wir die Richtlinie der EU zur Anti-Diskriminierung
von Menschen wegen ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft umsetzen werden. Was wir darüber
hinaus alles machen werden, ist noch offen. Sicher ist aber, dass wir das Recht der
Kirchen, das weiterzubetreiben, was man in der deutschen Rechtsprechung "Tendenzbetrieb"
nennt, weiterhin zulassen werden."