Es war ein ökumenisches Gipfeltreffen im Vatikan: Papst Johannes Paul II . hat heute
das Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Christen, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel,
in Audienz empfangen. Am Fest der Apostel Peter und Paul – das auch die Orthodoxen
feiern – erinnerte der Papst beim Angelus an ein historisch wichtiges Treffen:"Vor
vierzig Jahren, genauer gesagt im Janur 1964, haben sich Papst Paul VI. und der Patriarch
Athenagoras in Jerusalem getroffen und eine brüderliche Umarmung ausgetauscht. Diese
brüderliche Umarmung ist zum Symbol der herbeigesehnten Aussöhnung zwischen der katholischen
und der orthodoxen Kirche geworden - wenn nicht gar eine Prophezeihung der Hoffnung
auf dem Weg zur vollen Einheit." In seiner Rede an Bartholomaios und dessen
orthodoxe Delegation würdigte der Papst die Fortschritte der Ökumene in den vergangenen
vierzig Jahren. Es gebe viele Zeichen des gemeinsamen Willens, den Weg zur Einheit
weiter zu beschreiten. Johannes Paul erinnerte aber auch an ein dunkles Kapitel der
gemeinsamen Geschichte - die Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahr
1204: "Wie könnten wir - auch acht Jahrhunderte später - das Ensetzen und den Schmerz
vergessen? Nach so langer Zeit aber können wir aber versuchen, die Ereignisse mit
größerer Objektivität beurteilen - auch aus dem Wissen heraus, wie schwer es ist,
die geschichtliche Wirklichkeit herausfinden. Beten wir also dafür, dass der Herr
der Geschichte unsere Erinnerung von allen Vorurteilen und Ressentiments reinigen
möge und uns auf den Weg zur vollen Einheit führt." Den Weg zur Einheit fortsetzen
- dieses gemeinsame Ziel verbindet Katholiken und Orthodoxe. Das betonte auch der
Patriarch in seiner Ansprache an den Papst:"Die Einheit der Kirchen und ihrer Gläubigen
darf nicht bedeuten, dass sich alle einem einzigen Verwaltungs-Modell unterordnen.
Unsere Einheit darf auch nicht so etwas wie eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit,
eine ideologische Allianz oder ein Aktionsbündnis zum Erreichen bestimmter Ziele sein.
Sondern wir müssen unsere Einheit in Christus als spirituelles Ereignis erleben."
Bartholomaios ließ erkennen, dass er sich im Moment bei den einzelnen orthodoxen
Kirchen darum bemühe, dass die Gesprächsfäden zur katholischen Kirche wieder neu geknüpft
werden."Der Dialog hat seine Schwankungen - wegen der Schwierigkeiten, die sich
in der langen Zeit der Trennung angesammelt haben. Doch hoffen wir auf seinen Erfolg,
und dass er an sein Ziel kommt. Wir arbeiten mit Ihnen zusammen und richten den Blick
auf Jesus, ohne den wir gar nichts tun können. Es stimmt, dass unsere Dialoge in der
Wahrheit derzeit suspendiert oder eingeschränkt sind. Aber es ist unsere Pflicht,
nicht die Hoffnung zu verlieren. Darum suchen wir ehrlich und gewissenhaft nach Möglichkeiten,
unsere Dialoge wieder fortzusetzen - sie sind schließlich im Moment die einzige Möglichkeit
zur Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen, weil grundlegende Differenzen noch nicht
die (gemeinsame Kommunion) ... erlauben. Wir träumen vom Tag, an dem alle Hindernisse
zur vollen Gemeinschaft ausgeräumt sein werden! " Am Ende der Begegnung überreichte
Bartholomaios dem Papst ein Silberkreuz, Johannes Paul schenkte dem Patriarchen ein
Erinnerungs- Medaillon. Anschließend traf Bartholomaios mit Kardinalstaatsekretär
Angelo Sodano zusammen und besuchte dann den Petersdom, wo er am Grab des Heiligen
Petrus betete. In den vatikanischen Grotten betete er schließlich an der letzten Ruhestätte
von Papst Paul VI. Heute abend nimmt Bartholomaois an der Messe zur Palliusmverleihung
an 52 neue Erzbischöfe teil. Er wird gemeinsam mit dem Papst das Glaubensbekenntnis
sprechen und die Predigt halten. (rv 29.06.04 sk/hr)