2017-10-16 08:54:00

Sierra Leone: Der Kampf gegen Menschenhandel


Moderne Sklaverei ist eines der großen Probleme der heutigen Zeit; 40 Millionen Menschen sind aktuell davon betroffen. Vor allem Frauen und Mädchen werden Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Weltweit ist jedes fünfte Opfer von Menschenhandel ein Kind, in Afrika liegt der Anteil teilweise sogar bei 100 Prozent. Das geht aus einem aktuellen Bericht der UN-Behörde für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hervor. Gegen die Ausbeutung von Mädchen im Sexgeschäft setzen sich die Salesianer Don Boscos in Westafrika ein. In Sierra Leone arbeitet Pater Jorge Mario Crisafulli als Direktor des Kinderschutzzentrums Don Bosco Fambul in der Hauptstadt Freetown. Im Gespräch mit „kathpress“ schildert er die Situation der Mädchen und spricht über die Maßnahmen zum Schutz der jungen Frauen.

Eine Studie der Salesianer habe herausgefunden, dass etwa 1.500 Mädchen allein in der Hauptstadt Sierra Leones als Prostituierte arbeiten müssen. Die jüngsten von ihnen seien erst neun Jahre alt, die meisten zwischen zehn und fünfzehn, berichtet Crisafulli. Erschreckend sei, „dass Frauen und vor allem Mädchen missbraucht und benutzt werden wie eine Wasserflasche, die man leert und dann wegwirft“. Auch Gruppenvergewaltigungen seien dabei keine Seltenheit, betont der Pater.

Viele Mädchen werden auch nach Europa verkauft. Das sei eine perfide Praxis, mahnt Crisafulli. Viele junge Menschen aus Sierra Leone träumten von einem Leben in Europa, da sie nach der Ebola-Krise alles verloren haben. – Sierra Leone gilt als eines der fünf ärmsten Länder der Welt. – Mit Versprechungen viel Geld zu verdienen und somit seine Familie und Geschwister unterstützen zu können, lockten die Menschenhändler die Mädchen in ihre Fänge. Meist seien das Frauen mittleren Alters, die als „Mittelsmänner“ arbeiteten und die Mädchen mit diesen leeren Versprechungen anwerben, erklärt der Pater. Doch in Europa erwarte sie ein schrecklicher Alltag, geplagt von Hunger, Missbrauch und Misshandlungen durch Schleuserbanden und den „Kunden“ vor Ort. Das alles berichten junge Frauen, die das durchleben mussten. Die Don Bosco-Brüder führen damit Bewusstseinskampagnen durch, um Mädchen vor dieser Art der Ausbeutung zu schützen, indem „ihnen die Berichte derjenigen gezeigt werden, die gegangen und zurückgekehrt sind. Das ist wirklich hart, man muss die Berichte anhören, schreckliche Erfahrungen von Sterben durch Hunger und Durst“.

Jede Nacht fährt ein Autobus durch die Straßen in Freetown, an deren Rändern die Mädchen stehen und auf Freier warten, sie würden mitgenommen und in einem im Sommer errichteten Zentrum untergebracht. Auf diese Weise konnten seitdem schon über 80 Mädchen von der Straße geholt werden, zeigt sich Crisafulli erfreut. Erschreckend ist gleichzeitig die Zahl von 700 Anrufen in der Woche, die die sogenannte „Don Bosco Childline“ erreichen, eine Gratis-Hotline, bei der Betroffene Fälle und drohende Fälle von Kinderhandel melden können.

Der Salesianer erinnert an die politische Verantwortung der westlichen Welt, die Sierra Leone bei seiner Entwicklung unterstützen müsse. Dazu helfe nicht einfach Geld, sondern es gehe um eine Unterstützung beim Aufbau einer eigenständigen Wirtschaft in dem afrikanischen Land. Dann sei die Zukunft des Landes und der Menschen, die in Sierra Leone leben gesichert. „Warum sollte ich mein Leben riskieren, um nach Europa zu gelangen und dort als Sklave zu arbeiten, wenn ich in meinem Land, meiner Kultur, meiner Sprache und in meiner Familie leben kann?“

(rv/kathpress.at 14.10.2017 nh)








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