2017-10-05 10:33:00

Spanien hofft auf Vermittelung der Kirche


Bei der EU ist sie abgeblitzt – jetzt hofft die katalanische Regionalregierung angeblich auf eine Vermittlung des Vatikans in ihrem Streit mit Madrid. Das meldet die konservative spanische Tageszeitung „La Razón“ an diesem Donnerstag. Dem Regionalpräsidenten Carles Puigdemont sei klar geworden, dass er von der EU keine Hilfe erwarten kann, er setze jetzt auf die „anerkannte diplomatische Kompetenz“ des Heiligen Stuhls. Puigdemonts Nummer Zwei, Oriol Junqueras, hat am Mittwoch mit Kardinal Juan José Omella gesprochen, dem Erzbischof von Barcelona. Dieser wiederum hatte am Abend zuvor in Madrid den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy getroffen.

Trotz des Hin und Hers hinter den Kulissen: Dass sich die Kirche zwischen die Züge wirft, die aus Madrid und Barcelona ungebremst aufeinander zurasen, ist nicht sehr wahrscheinlich. Schließlich geht der Riss, den die katalanischen Sezessionisten durch Spanien treiben, auch quer durch die spanische und selbst die katalanische Kirche. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Ricardo Blázquez Pérez, hofft zwar auf einen Dialog. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Einigung noch möglich ist“, sagte er dem kirchlichen Sender Cope.

Blázquez: „Respekt der Verfassung und Dialog schließen sich nicht aus“

Doch ließ der Erzbischof von Valladolid keinen Zweifel daran, dass er den Katalanen keinen Weg an der spanischen Verfassung vorbei zugestehen will. „Der Verfassungsrahmen muss gewahrt bleiben. Gleichzeitig kann man einen Konsens, einen Dialog suchen – das schließt sich nicht gegenseitig aus. Respekt vor der Verfassung und Suche nach der angemessensten Antwort.“

Zum Treffen des Erzbischofs von Barcelona mit Rajoy ist Blázquez am Dienstag nicht hingegangen; laut „El País“ ärgert sich Rajoy über die Bischofskonferenz, weil deren Erklärung zur Katalonien-Krise aus seiner Sicht zu vorsichtig formuliert war. Stattdessen war Erzbischof Carlos Osoro Sierra von Madrid beim Gespräch mit Rajoy – nur um an diesem Dienstag zu dementieren, dass er zwischen Madrid und Barcelona vermitteln wolle. Die Protestpartei Podemos hatte das behauptet, doch der Kardinal beteuert, er habe „absolut“ nichts Derartiges gesagt, „keinesfalls“.

Parlament will am Montag Unabhängigkeit erklären

„Ich muss zugeben, dass ich nicht verstehe, was für eine Art Vermittlung in diesem Moment überhaupt stattfinden könnte“, sagt der Hauptstadt-Journalist Inaki Gabilondo in seinem Video-Blog auf der Homepage von „El País“. „Nur als Beispiel: Wird während der Verhandlungen die unilaterale Unabhängigkeitserklärung ausgesetzt, oder nicht? Wenn sie ausgesetzt wird, dann muss die katalanische Regionalregierung das erst einmal ihren Leuten erklären; die wären nicht sehr begeistert. Und wenn sie nicht ausgesetzt wird, dann ändert sich grundlegend das Verhältnis zwischen Katalonien und Madrid, und in diesem Fall lässt sich schwerlich verhandeln.“

Die katalanische Regionalregierung will nach dem illegalen Referendum Ernst machen mit der Abspaltung Kataloniens von Spanien, darum ist der Spielraum für Verhandlungen nicht groß. Für nächsten Montag ist die entscheidende Debatte des Parlaments von Barcelona angesetzt. „Das ist“, so sagt Mireia Boia von der Regierungspartei CUP, „eine Vollversammlung, um das Ergebnis des Referendums zu besprechen und die Konsequenzen daraus zu ziehen – das heißt: die Unabhängigkeit Kataloniens zu erklären. Anders gesagt: um die unabhängige Republik Katalonien auszurufen. Wir hätten das gerne schon früher getan. Die Festnahmen von Mitgliedern der Regierung und dieses Parlaments werden in keiner Weise die Proklamierung vom Montag, 9. Oktober, aufhalten oder verhindern, die dieses Parlament – es gibt dafür keine andere Art und Weise – vornehmen wird.“

„Dialog ist ohne Chance – selbst wenn der Papst vermitteln würde“

Der Journalist Gabilondo glaubt zwar nicht an den nächsten Montag; er vermutet, dass die Unabhängigkeitserklärung aufgeschoben wird. Doch meint er auch: „Dann würde man zwar Zeit gewinnen, aber im Grunde würde sich wenig ändern. Rajoy (oder wer auch immer Ministerpräsident Spaniens ist) kann nur über eines reden, nämlich die konkrete Art und Weise, in der Katalonien zu Spanien gehört. Und ein katalanischer Führer könnte nur über die Beziehung zwischen der Republik Katalonien und der spanischen Monarchie reden. Das ist ein Dialog ohne jede Chance – selbst wenn Papst Franziskus der Vermittler wäre, der es schon bei sehr kniffligen Fragen versucht hat. Man bräuchte die heilige Rita, Schutzpatronin der unmöglichen Fälle!“

(rv 05.10.2017 sk)








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