2017-08-14 09:00:00

Korea: Der Norden interessiert die Südkoreaner nicht


Es geht um Atomwaffen, um Raketen und gegenseitige Drohungen: Die Situation zwischen den USA und Nordkorea droht zu eskalieren. Nordkorea rüstet immer weiter atomar auf und führt auch Raketentests durch, US-Präsident Trump drohte wiederholt mit militärischem Eingreifen, Nordkorea droht ebenso massiv zurück.

Experten vermuten, dass Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un inzwischen über Raketen verfügt, die Sprengsätze bis aufs amerikanische Festland schicken könnten. Erst kürzlich entschieden die Vereinten Nationen einstimmig, ihre Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea im Bereich des Eisens, der Kohle und der Fischerei zu verschärfen. Selbst China, das sonst als Nordkoreas engster Wirtschaftspartner gilt, stimmte den neuen Sanktionen vorbehaltlos zu und forderte Pjöngjang auf, eine „intelligente Entscheidung“ zu treffen.

Dialogangebot aus dem Süden

Eine besondere Rolle in diesem Konflikt nimmt Moon Jae-in ein. Der südkoreanische Präsident ist der einzige, der dem Nachbarn im Norden regelmäßig den Dialog anbietet – auch wenn Nordkorea dies bisher anlehnte. Was auch an der Art der Diktatur im Norden liegt: „Kim Jong-un ist ein Diktator, der niemandem zuhört“, sagt René Dupont von der Gesellschaft des Pariser Missionsseminars. Dupont lebte seit 1954 in Südkorea  und war 1969 bis 1990 Bischof von Andong.

Vor allem lobt der emeritierte Bischof die Friedenspolitik des katholischen Präsidenten Südkoreas: „Der Präsident will ganz offensichtlich Frieden für das Land. Und in diesem Sinne folgen ihm alle Katholiken. Die Amerikaner wollen den Norden unbedingt zwingen, sich klein zu machen und um Vergebung zu bitten. Im Gegensatz dazu hat er immer gesagt, man müsse Nordkorea gegenüber eine starke Haltung einnehmen. Das tut er bis heute. Das heißt nicht, dass er im Fall eines nordkoreanischen Angriffs nicht reagieren würde. Er ist der Einzige, der offen gesagt hat, dass er den Dialog mit Nordkorea will. Und er hat Nordkorea Friedensgespräche vorgeschlagen; das ist an sich schon außergewöhnlich.“

Nicht mehr viel Angst im Süden

Dupont kennt die Mentalität der Menschen in Südkorea. Die Drohungen aus dem Norden, berichtet er, machten den Menschen nicht mehr viel Angst: „Wissen Sie, hier in Südkorea sind wir seit 60 Jahren so an die Drohungen aus Nordkorea gewöhnt, dass sie uns nicht mehr schrecken. Zuletzt hat der nordkoreanische Führer wieder gesagt, er würde Amerika in Brand setzen. Wir hören solche Sprüche ständig. Er sagt: Wir werden Korea in Feuer und Blut versinken lassen, wir werden euch zu Asche machen und Ähnliches. Er sagt das so oft, dass es uns inzwischen komplett kalt lässt.“

Bischof Dupont ist selber zweimal nach Nordkorea gereist. Niemand dort, erzählt er, kann sich frei äußern, alles untersteht der Weisung des Diktators. Dennoch glaubt er daran, durch den Kontakt mit nordkoreanischen Bürgern kleine Schritte zur Vergebung zu gehen:

„Die kleinen Schritte sind Repräsentanten, Familien, die vor 60 Jahren getrennt wurden, wieder zusammenzuführen. Es gibt immer noch einige Alte, die Verwandte in Nordkorea haben oder in Südkorea. Es wäre ein kleiner Schritt, ihnen zu erlauben, sich zu treffen. Wir haben das in der Vergangenheit schon mehrfach getan. Das wäre ein kleiner Schritt in Richtung Versöhnung, das wäre möglich.“

Kleine Schritte

Die Kirche sieht Bischof Dupont als wichtigen Akteur auf diesem schrittweisen Weg zum Frieden. Ein interkonfessioneller Zusammenschluss der Religionsführer in Südkorea, der Buddhisten, Protestanten, Katholiken und einige kleinere Kirchen und Religionen vereint, treffe sich regelmäßig, rufe öffentlich  zum Frieden auf und arbeite gemeinsam an Projekten.

So reist regelmäßig eine Delegation in den Norden, um Tuberkulosekranke zu heilen: „Nordkorea schafft es nicht, die Tuberkulose zu bekämpfen. Deshalb gibt es seit 15 oder 20 Jahren alle sechs Monate ein Team aus Südkorea, das mit Medikamenten in Zentren für Tuberkulosekranke in Nordkorea fährt.“

Dieses Engagement, erzählt der Bischof, sei sehr effektiv. Selbst Kim Jong-un akzeptiere, dass die Religionsvertreter nach Nordkorea kommen, um sich um die Tuberkulösen zu kümmern. Kummer bereitet Dupont allerdings das Desinteresse der jüngeren Südkoreaner an einem Friedensprozess:

„Die Jungen kennen kein vereintes Land, sie kennen nur Südkorea und interessieren sich nicht so sehr für den Dialog mit dem Norden, denn wenn es eine Versöhnung gebe, wissen sie ganz genau, dass Westdeutschland sehr teuer bezahlt hat für die Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung und das noch immer tut. Die jungen Südkoreaner haben im Allgemeinen keine Lust, für die Nordkoreaner zu zahlen, deshalb wollen sie keinen Dialog, sie wollen unter sich bleiben. Wenn ich über Nordkorea rede, hören die jungen Leute nicht zu, das interessiert sie nicht.“

(rv 12.08.2017 jm)








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