2017-07-14 10:40:00

Ostafrika: Wenn die ganz drastischen Bilder fehlen...


Sieben Millionen Hungernde allein in Kenia und im Südsudan: Die Lage in Ostafrika ist dramatisch. Hier geht es nicht um Statistik, sondern um Menschen. Um Opfer – und um Täter. Denn an der Hungersnot ist ja nicht nur die derzeit herrschende Dürre schuld, wie Oliver Müller von der Auslandshilfe der deutschen Caritas sagt.

„Der Tod von vielen hunderttausend unschuldigen Menschen ist auch menschengemacht. Denn die Situation stellt sich innerhalb Ostafrikas sehr unterschiedlich dar. Wir haben die politisch stabilen Länder wie Äthiopien und Kenia, wo die Menschen jetzt auch eine ernsthafte Dürre-Situation erlebt haben. Dort hatten wir als Hilfsorganisationen aber Zugang, und auch die Vereinten Nationen konnten viel tun. Dort haben die Menschen enorme Verluste erlitten, die Situation war sehr angespannt, aber dort musste, Gott sei Dank, niemand sterben. Die Menschen haben ihr Vieh verloren, ihre Lebensgrundlage - man wird hier aber helfen können.“

Ganz anders sehe es dagegen im Südsudan aus, wo der blutige Bürgerkrieg Helfer aus dem Ausland am Zugang zu den Bedürftigen hindert. „Dort sind sehr, sehr viele Opfer zu beklagen“, sagt Müller im Gespräch mit dem Kölner Domradio. „Ich war vor einiger Zeit im Südsudan. Dort sind vier Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden! Es gibt keine Sicherheit;  Familien und Frauen werden nachts überfallen. Es gibt keine funktionierende Gerichtsbarkeit, und es herrscht eine große Unsicherheit. Menschen werden abgeschlachtet. Das ist das wirkliche Problem!“

Die Dürre habe die brisante Lage natürlich noch weiter verschärft, so Müller. „Man hätte dort frühzeitiger mehr machen müssen, und man hätte vor allem von internationaler Seite den Druck auf die südsudanesische Regierung erhöhen müssen, um dort einzuschreiten. Es gibt zum Beispiel viel zu wenig Blauhelm-Soldaten, die für Recht und Ordnung sorgen könnten. Die, die es gibt, schaffen das schlichtweg nicht.“

An solchen politischen Zuständen kann eine deutsche Caritas natürlich wenig ändern. Was sie machen kann, sind Dinge wie Wassertanks aufbauen, im Norden von Kenia. „Das ist ein schönes Beispiel, weil es auch zeigt, dass man mit wenig eigentlich viel bewirken kann. Wasserrückhaltebecken und Wassertanks werden mit lokalen Methoden gebaut - aus Ton, mit Ziegelsteinen. Und wenn man das richtig macht, kann man dadurch Wasser sehr lange frisch halten. Damit kann man das Vieh ernähren, das für viele Menschen die Lebensgrundlage darstellt, und natürlich auch die Bewohner selbst.“

Müller würde die Partner und Spender der Caritas gerne davon überzeugen, „einfach noch viel mehr in Katastrophenvorsorge zu investieren und nicht erst zu helfen, wenn es eigentlich schon fast zu spät ist“. Über die jetzige, verzweifelte Lage in Ostafrika werde in den Medien unserer Breiten schon ganz „regelmäßig“ berichtet, und auch an Spendern fehle es hier nicht, auch wenn es angesichts des Bedarfs natürlich gerne mehr sein dürften. „Aber was fehlt, sind vielleicht die Bilder, die eine ganz große Welle der Hilfe auslösen. Das gibt es ja in manchen Situationen, dass es ganz große Spendenaktionen gibt und dass die Welt wachgerüttelt wird. Das haben wir so nicht, weil doch eine große Ratlosigkeit herrscht mit Blick auf so schwierige Konfliktlagen wie in Somalia und im Südsudan.“

In Äthiopien sei es zum Glück gar nicht erst zu „diesen ganz drastischen Bildern“ gekommen, sagt Müller: „Es gab keine Kinder mit aufgeblähten Hungerbäuchen - das konnten wir verhindern, das ist sehr gut. Aber das führt auch dazu, dass es solche Meldungen und solche Situationen vielleicht nicht immer an die erste Stelle der Nachrichten schaffen.“

(domradio 14.07.2017 sk)








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