2017-07-10 11:35:00

Irak: Eine Wüste, die sich Frieden nennt


Der Irak feiert: Von Fahnenschwingen und viel Jubel begleitet hat Ministerpräsident Al Abadi in Mosul die Befreiung der Stadt erklärt. Nach neun Monaten des Kampfes wurden an diesem Wochenende das letzte Stadtviertel befreit, ausgerechnet das Stadtviertel, wo vor deren Zerstörung die Al Nuri Moschee stand, in welcher der Terrorführer und Chef des IS Al Baghdadi 2014 sein nicht anerkanntes Kalifat ausgerufen hatte.

Ganz vorbei sind die Kämpfe allerdings nicht, Beobachter melden kleine Gefechte und Kämpfe zwischen der anti-IS Koalition und den Terror-Kämpfen.

Trotzdem beginnt jetzt die Phase des Wiederaufbaus, jedenfalls wenn es nach den Regierenden geht. Den während der IS-Besatzung geflohenen soll eine Rückkehr ermöglicht werden. Es ist aber auch eine Zeit, sich zu fragen, wie es überhaupt soweit hat kommen können, das meint jedenfalls Pax Christi Nationaldirektor Renato Sacco. „Das ist ein wenig unsere Schuld“: Sacco will in seiner Einschätzung offensichtlich vermeiden, dass sich der Westen zu sehr von der Schuld für den Krieg distanziert. „Die Vereinigten Staaten haben ihre Verantwortung auch eingestanden. Es ist wahrscheinlich der Verkauf von Erdöl – Mosul ist eine ölreiche Gegend – zu verbilligten Preisen auf dem Weltmarkt, der den IS ermöglicht hat. Übrigens auch der Verkauf an diejenigen, die sagen, dass sie gegen den IS seien und trotzdem Geschäfte mit ihnen machen.“

Sacco macht sich auch das Argument von Papst Franziskus zu eigen, das er immer wieder in Bezug auf Kriege und vor allem auch den Terror nennt: „Die Kämpfer des Dschihad sind nicht nur wegen der bösen Willens des IS im Irak, sondern auch deswegen, weil ihnen jemand Waffen gegeben hat, weil jemand ihnen die endlose Reihe von Pick-up Trucks gegeben hat, die wir so oft im Fernsehen sehen, weil jemand ihnen Geld gegeben hat.“ Es gibt Gewinnler, die mit Krieg und Tod Geschäfte machen, das gelte es sich einzugestehen.

„Wir müssen uns also fragen, ob wir mit ‚sauberen Händen’ vor dieser Tragödie stehen. Wenn alles vorbei sein wird dann werden sie eine Wüste geschaffen haben, und diese ‚Frieden’ nennen. Vielleicht gibt es keine andere Lösung, aber es ist sicher, dass in diesen drei Jahren die IS-Milizen freie Hand hatten. Man hat ihnen fast alles durchgehen lassen.“ Sacco klingt deprimiert, wenn er das sagt, er scheint nicht viel Zuversicht zu haben, was die Zukunft des Irak angeht. Und auch nicht was die Bereitschaft angeht, Gewalt als Mittel in Krisen und Konflikten einzusetzen: „Die Dinge ändern sich, aber die Logik des Krieges und der Gewalt riskiert immer, als die schnellere Lösung gesehen zu werden und wird leider auch akzeptiert.”

 

(rv 10.07.2017 ord)








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