2017-07-09 13:21:00

D: Kirchliche Hilfswerke sind enttäuscht vom G20-Ergebnis


Als enttäuschend bewertet das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR die Ergebnisse des G20 Gipfels unter deutscher Präsidentschaft in Hamburg. Die Gipfel-Verhandler hätten eine große Chance vertan, „wegweisende Entscheidungen für eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung und eine entschiedenere Bekämpfung von Klimawandel, Armut und sozialer Ungleichheit zu treffen“, heißt es in einer Aussendung von MISEREOR.

Gebraucht hätte es „ein starkes Bekenntnis zu einem Wandel des globalen Wirtschaftssystems zu einer nachhaltigeren, gerechteren und ressourcenschonenden Wirtschaft“ und den wirklichen Vorsatz zur Bewahrung der Schöpfung. „Was wir hier in Hamburg als Ergebnis bekommen haben, sind in weiten Teilen Allgemeinplätze zum Erhalt des Status quo“, kritisierte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. „Unsere Erwartungen in die deutsche Präsidentschaft waren höher. Jetzt stellt sich die Frage, ob die G20 in diesem Format künftig noch handlungsfähig sein werden", so Spiegel.

Die G20 verabschiede mit dem „Hamburg Action Plan" nur einen weiteren traditionellen Wachstumsplan, der keine Trendwende hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft einleite. Handel und Investitionen erscheinen als ungebremste Motoren des Wachstums, ohne dass von ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Leitplanken die Sprache sei.

Auch das österreichische kirchliche Hilfswerk „Jugend Eine Welt" ist enttäuscht vom G20-Gipfel, besonders was den groß angekündigten Afrika-Schwerpunkt anlangt. Es fehle vor allem an ambitionierten Friedensinitiativen und Hilfsprogrammen für die ärmsten afrikanischen Länder, so das Hilfswerk in einer Aussendung am Samstag. Positiv überrascht habe US-Präsident Donald Trump, der 572 Millionen Euro (639 Millionen Dollar) für die Nothilfe für Afrika zusagte.

Offenbar habe der vom deutschen Entwicklungsminister Gerd Müller propagierte "Marshall-Plan" für bzw. mit Afrika bei den Staats- und Regierungschefs wenig Interesse gefunden. Ein solcher Plan werde auch vom österreichischen Präsidenten der Wirtschaftskammer Christoph Leitl seit langem befürwortet. „Vielmehr soll der neue 'Compact with Africa' (CWA) der G20 private Investitionen in einzelnen wirtschaftlich schon relativ gut entwickelten afrikanischen Ländern fördern."

„Jugend eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer: „Das ist besser als nichts und auch den Beschluss eines Fonds zur Unterstützung von Unternehmern in armen Ländern sehen wir positiv." Unbeantwortet bliebe allerdings die Fragen: „Wo bleiben Maßnahmen gegen illegale Geldflüsse, Landgrabbing und die Spekulation mit Lebensmitteln? Wo bleiben Entschuldungsmaßnahmen für arme Staaten, damit sie ihr Geld in Bildung und Infrastruktur statt in Schulden- und Zinstilgung stecken können? Warum werden Waffenlieferungen in Konfliktregionen nicht sofort gestoppt? Und warum stimmen die G20 ihre Handels- und Agrarpolitik nicht endlich mit entwicklungspolitischen Zielen ab?"

Perspektiven vor Ort schaffen

Die Hilfsorganisation, die weltweit Bildungs- und Ausbildungsprojekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche fördert, weist auch auf das riesige Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Afrika hin, dem Kontinent mit dem weltweit größten Bevölkerungswachstum: „Schon 2050 werden in Afrika 2,2 Milliarden Menschen leben, Ende des Jahrhunderts an die vier Milliarden. Sie alle brauchen Perspektiven vor Ort, die gezielt gefördert werden sollten, beispielsweise durch Bildung und berufliche Qualifikation sowie die Stärkung lokaler Märkte. Vor allem müssen ungerechte und ausbeuterische Handelsbeziehungen, von denen nur Eliten profitieren, ein für alle Mal beendet werden! Andernfalls dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich immer mehr verzweifelte junge Menschen auf den Weg nach Europa machen", so Heiserer. 

(pm 09.07.2017 gs)

 








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