2017-06-29 11:15:00

D: Katholische Kirche gegen „Ehe für alle“ – EKD dafür


Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland zeigen sich uneins über die mögliche gesetzliche Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Einen Tag vor der Abstimmung über die „Ehe für alle“ im Bundestag hat die katholische Kirche noch einmal ihre Ablehnung des Vorschlags betont – der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)hat sich dagegen für eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zur traditionellen Ehe ausgesprochen.

In einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordnete bat der Leiter des Kommissariats der Bischöfe in Berlin, Karl Jüsten, dem Gesetzesentwurf über die Gleichstellung nicht zuzustimmen. „Kirche, Staat und Gesellschaft teilen die Erfahrung, dass in der Ehe die Aspekte einer verlässlichen Paarbeziehung und der Weitergabe des Lebens der leiblichen Eltern an ihre Kinder in besonderer Weise verbunden sind“, zitiert die Katholische Nachrichten-Agentur aus dem Brief.

Brief an alle Abgeordneten

In dieser Vereinigung übernähmen die Partner füreinander Verantwortung und seien offen für gemeinsame Nachkommen – das habe sowohl für den Einzeln, als auch das Gemeinwohl eine große Bedeutung, will Jüsten die Parlamentarier überzeugen. In seiner Argumentation verwies Jüsten auf Worte von Papst Franziskus: „Er hat festgehalten, dass die katholische Kirche die große Vielfalt familiärer Situationen anerkennt, die Menschen einen Halt bieten, aber Partnerschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht mit der Ehe gleichgestellt werden können, da diesen Paaren die Weitergabe des Lebens verschlossen ist.“ Auch deswegen stehe die Ehe unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, so Jüsten und äußerte Verfassungsbedenken bei einer Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare.

Der Regensburger Bischof rief in einer Erklärung des Bistums die Gläubigen dazu auf, selber „aktiv zu werden". Sie sollten ein vorgefertigtes Schreiben als „Protestmail", wie es das Bistum nennt, an alle Bundestagsabgeordnete schicken. 

Anders hat sich die evangelische Kirche positioniert: „Dass auch für  gleichgeschlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlichen Partnerschaft haben, der rechtliche Raum vollständig geöffnet wird, in dem Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung durch gesetzliche Regelungen geschützt und unterstützt werden, begrüßt die EKD“, heißt es in einer Erklärung des EKD-Rates vom Mittwoch. Auch der Sicht der Kirche biete die Ehe die besten Voraussetzungen, Vertrauen und Verlässlichkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen zu leben sowie gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Die Ehe „ist deshalb ein Zukunftsmodell“, schreibt der EKD-Rat in seiner Erklärung zu anstehenden Abstimmung im Bundestag am Freitag.

In Sachen Ehe auseinander

Gleichzeitig ist die Rede von „unterschiedlichen Auffassungen“ innerhalb der evangelischen Landeskirchen und der weltweiten Kirche über die Ausgestaltung eines rechtlichen Rahmens einer „Ehe für alle“. „Die Debatte um die Öffnung der Ehe ist über mehrere Jahre ernsthaft und mit wechselseitigem Respekt geführt worden“, betont aber die EKD und empfiehlt den Bundestagsabgeordneten „sie in diesem Geiste“ auch am Freitag zu führen.

Inzwischen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Koalitionspartner SPD dafür kritisiert, die Abstimmung über die „Ehe für alle“ schon am Freitag auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. „Mir ist es fremd, wie eine solche Entscheidung genau in dem Moment, als sich die realistische Aussicht auf ein  fraktionsübergreifendes Vorgehen ergab, in eine parteipolitische  Auseinandersetzung gezogen wurde“, sagte die CDU-Vorsitzende der „Wirtschaftswoche“. Für Merkel sei das „traurig“ und „vor allem auch völlig unnötig“. Es gehe bei der Frage nicht um eine „gesetzliche Fußnote, sondern über Artikel 6 unseres Grundgesetzes und eine Entscheidung, die die tiefsten Überzeugungen von Menschen und die Ehe, einen Grundpfeiler unserer Gesellschaft, berührt“, sagte Merkel. Am Ende wünsche sie sich, dass jeder Angeordnete seinem eigenen Gewissen folge.

Am Freitag wird der Bundestag über die „Ehe für alle“ abstimmen. Der Rechtsauschuss hatte bereits am Mittwoch einem entsprechenden Gesetzesentwurf des Bundesrats zugestimmt. Eine Mehrheit gilt als sicher, weil sich SPD, Grüne und Linke für die gleichgeschlechtliche Ehe aussprechen. CDU/CSU hatten den Fraktionszwang aufgehoben, nachdem sich Kanzlerin Merkel am Montagabend bei einer Veranstaltung für eine Gewissensentscheidung ausgesprochen hatte. Einige CDU-Abgeordnete kündigten derweil an, mit Ja stimmen zu wollen.

(wirtschaftswoche/ekd/kna/rv 29.06.2017 fr) 








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