2017-06-10 10:04:00

Österreich: Kundgebung für verfolgte Christen


Etwa tausend Teilnehmer, allen voran der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, haben am Freitagnachmittag am Schweigemarsch für verfolgte Christen durch die Innenstadt der österreichischen Hauptstadt teilgenommen. An der von „Christian Solidarity International Österreich“ (CSI) organisierten Veranstaltung nahmen u.a. der serbische Bischof Andrej (Cilerdzic), der evangelische Altbischof Herwig Sturm, der katholische Wiener Weihbischof Franz Scharl und weitere Vertreter der christlichen Kirchen teil. Besonderer Gast war die syrische Ordensfrau Annie Dermerijan, die sich seit Jahren in Aleppo und Damaskus für die unzähligen Opfer des Syrienkrieges einsetzt.

„Der Einsatz für Religionsfreiheit, auch und gerade für Christen, ist es wert, auf die Straße zu gehen, denn es ist auch unsere eigene Freiheit, die auf dem Spiel steht“, betonte CSI-Generalsekretär Elmar Kuhn zu Beginn. Die Demonstranten wollten zeigen, dass sie „keine Angst haben“, offen für ihre Überzeugungen einzutreten. Kuhn erinnerte daran, dass es heute mehr christliche Märtyrer gebe als je zuvor in der Geschichte.

„Wir demonstrieren nicht, sondern wir erinnern daran, wie viele Christen weltweit verfolgt werden, aber auch, wie viele andere Menschen unter Gewalt leiden. Und wir beten für den Frieden und für Gerechtigkeit“, sagte Kardinal Schönborn gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress zu Beginn des Marsches.

Mit Blick auf die dramatische Situation der Christen im Nahen Osten kam der Kardinal auf seinen jüngsten Besuch in den USA zu sprechen. Gemeinsam mit dem chaldäischen Patriarchen Louis Raphael I. Sako, dem syrisch-orthodoxen Patriarchen Ignatius Afrem II. Karim und dem syrisch-katholischen Patriarchen Ignatius Joseph III. Younan war er in Washington mit US-Vizepräsident Mike Pence und Vertretern des State Departments zusammengetroffen. Die US-Regierung habe im Anschluss signalisiert, dass sie der Sicherheit der Christen im Nahen Osten mehr Aufmerksamkeit widmen wolle. Was sich konkret für die Christen in der Ninive-Ebene oder im „hoffentlich bald befreiten Mossul“ ändern werde, könne er noch nicht sagen. Aber: „Das Thema ist jetzt zumindest deutlicher auf der Agenda der US-Regierung“, so Schönborn wörtlich.

Bericht aus dem syrischen „Stalingrad“

In der Augustinerkirche berichtete die syrische Ordensfrau Annie Dermerijan zum Abschluss des Schweigemarsches vom Krieg in ihrem Land und dem Leiden der Menschen. Sr. Annie gehört der Gemeinschaft der „Schwestern Jesu und Mariens“ an. Gemeinsam mit vier Mitschwestern und vielen freiwilligen Helfern setzt sie sich seit Jahren in Aleppo und Damaskus für Menschen in Not ein. Tausende Familien haben die Ordensfrauen seit Kriegsbeginn mit Medikamenten, Nahrungsmitteln, Wasser oder finanzieller Unterstützung für Strom, vor allem aber auch mit menschlicher Zuwendung unterstützt. Auch zu den schlimmsten Kriegszeiten blieben die Frauen vor Ort.

Die Ordensfrau berichtete von unvorstellbaren Zuständen in der nordsyrischen Stadt Aleppo, die über Jahre als „syrisches Stalingrad“ galt und die am heftigsten umkämpfte Stadt im Land war. Sie berichtete von Kindern, die ihre Schularbeiten auf dem Boden von Klassenzimmern hockend schreiben mussten, während durch Granatenbeschuss der Verputz von den Decken fiel. Monatelang hätten die Menschen ohne Strom und fast ohne Wasser überleben müssen. Unzählige Menschen seien gestorben.

Im vergangenen Dezember zogen die letzten Rebellen bzw. islamistischen Kämpfer ab, seither ist Aleppo unter Kontrolle der Assad-Truppen. Die Sicherheitslage habe sich in der Stadt verbessert, die Menschen, Muslime wie Christen, schöpften wieder Hoffnung, schilderte Sr. Annie. Die Christen wollten in Syrien bleiben, betonte die Ordensfrau, „denn das ist auch unser Land. Wir gehören hierher.“

Für die musikalische Gestaltung des Schweigemarsches bzw. der Abschlusskundgebung in der Augustinerkirche sorgte u.a. ein Jugendchor der syrisch-orthodoxen Kirche.

(kap 10.06.2017 sk)








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