2017-06-09 14:10:00

Venezuela/Vatikan: Worum es bei der Krisenaudienz ging


Venezuelas Bischöfe haben Papst Franziskus über die Gefahren für die Demokratie ins Bild gesetzt, die von Präsident Nicolás Maduros Verfassungsreform ausgeht. Das sagte der Vorsitzende der venezolanischen Bischofkonferenz, Erzbischof Diego Padron, nach der Sonderaudienz für Bischöfe des lateinamerikanischen Krisenlandes am Donnerstag im Vatikan. Der sozialistische Staatschef Venezuelas strebt eine Verfassungsreform an, mit der er das Land aus der Krise führen will, die Opposition wirft ihm aber vor, mit diesem Mittel die Demokratie auszuhebeln; die Bischöfe schließen sich dieser Meinung an, sehen sogar eine linke Militärdiktatur in Venezuela heraufziehen.

„Wir haben mit dem Papst in erster Linie über die Gefahr gesprochen, die vom Vorhaben des Präsidenten ausgeht, die Verfassungsgebende Versammlung zu ändern“, sagte Padron gegenüber Radio Vatikan. „Die Versammlung soll am 30. Juli beginnen. Wir wissen nicht, wie lang sie dauert. Und während die andauert, sind die konstituierten Mächte des Landes, vor allem das Parlament, ohne Wirkung. Von daher ist das gefährlich. Zweitens, die verfassungsgebende Versammlung wird einen sozialistischen, marxistischen, kommunistischen Staat etablieren, eine Militärdiktatur: das ist eine große Bedrohung.“

50 Minuten und ein schwieriges Dossier über tote junge Demonstranten

Franziskus habe sich in dem 50 Minuten langen Gespräch mit venezolanischen Bischöfen sichtlich berührt gezeigt über die Lage im Land. Die Besucher hätten dem Papst ein Dossier in Text und Bild über die rund 70 Demonstranten mitgebracht, die bei Kundgebungen gegen die Regierung seit Anfang April ums Leben kamen. „Er war erschüttert über die Tragödie der letzten zwei Monate. Da starben mehr als 70 junge Leute, das ist hart für ein Volk. Zum einen müssen die Familien verkraften, dass so viele Junge weggehen, und dasselbe Land sieht, dass sie eben auch sterben. Das ist ein ganz schlechtes Signal. Der Papst war sehr mitgenommen und hat seine Nähe zum venezolanischen Volk bekräftigt.“

Es sei ein „naher, offener Dialog“ gewesen. Wichtig ist dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz auch eines zu sagen: Es gibt keinen Streit zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Nuntius und den Bischöfen Venezuelas. „Wir haben dem Heiligen Vater versichert, dass wir treu zu ihm und seinem Lehramt stehen. Das sagen wir, weil in Venezuela vor einigen Monaten das Gerücht umging - und jetzt wissen wir, dass das eine Aktion der Regierung ist – das Gerücht, dass die Bischofskonferenz im Ungehorsam gegenüber dem Papst ist. Das wollen wir mit Nachdruck zurückweisen. Der Papst ist sehr gut informiert und hat uns versichert, wir haben seine vollständige Unterstützung, nicht nur seine persönliche, sondern die Unterstützung des Heiligen Stuhles.“

Nicht noch ein Vermittlungsversuch vom Heiligen Stuhl

Padron war mit dem Präsidium der Bischofskonferenz und den beiden Kardinälen Venezuelas in den Vatikan gereist, um dem Papst die Lage in ihrem Land darzulegen. Gegenüber dem italienischen katholischen Pressedienst SIR erklärte er, nach dem Scheitern der Dialogbemühungen in den vergangenen Monaten hätten die Bischöfe den Vatikan nicht um einen weiteren Vermittlungsversuch gebeten. „Das Volk will das Wort Dialog nicht hören", so Padron wörtlich.

Die Repressionen durch Maduro würden freilich „jeden Tag brutaler". Die Kirche bleibe dennoch mit Vertretern der Regierung im Gespräch, dies allerdings nur „sehr diskret“, da es die betreffenden Politiker in Schwierigkeiten bringen könnte, so Padron. Er äußerte ferner die Erwartung, Papst Franziskus werde sich bei seiner Reise nach Kolumbien im September auch zu Venezuela äußern.

(rv/kap 09.06.2017 gs)








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