2017-06-03 11:22:00

Charismatische Erneuerung: „Da ist schon eine neue Ökumene“


Charismatische Bewegungen sind für die Kirche Erneuerungsbewegungen: Kardinal Christoph Schönborn betont aus Anlass des großen Pfingsttreffens der Charismatischen Erneuerung in Rom die weltkirchliche Bedeutung dieser Gruppen. Fünfzig Jahre nach der Gründung der katholischen Charismatischen Erneuerung wird am Wochenende gefeiert, erst mit dem Papst im Circus Maximus, dann am Sonntag in einer großen Pfingstmesse auf dem Petersplatz.

Immer schon hätte es solche Bewegungen in der Kirche gegeben, Kardinal Schönborn nennt im Interview mit Radio Vatikan die franziskanische Bewegung des Mittelalters und die große missionarische Aufbruchsbewegung des 19. Jahrhunderts. Die Kirche und vor allem die Päpste hätten diese Erneuerungsbewegungen immer begleitet, vor allem fördernd aber durchaus auch kritisch. Deswegen mahne der Papst – wie auch seine Vorgänger – immer zu einer Anbindung an die Ortskirchen, damit die Bewegungen „nicht zu sektiererisch“ werden.

Wechselseitiges Geben und Nehmen

Aber auch umgekehrt könne die katholische Kirche den charismatischen Gruppen viel geben sagt der Wiener Erzbischof. Da sei zum einen die Dimension der Sakramente, die dort zu kurz kämen, hier seien vor allem die katholischen Charismatiker gefragt. Dann sei da die Geschichte, „wir sehen die Geschichte immer auch als Heilsgeschichte und Erlösungsgeschichte“, so Schönborn. „Wenn man manchmal charismatische Gruppen hört, dann scheint es, als ob es zwischen Bibel und heute nichts gegeben habe.“ Diese sehr katholische Dimension bringe man ein. Und drittens sei der Einheitsgedanke ein katholischer Beitrag, „viele Gruppen schauen deswegen voll Vertrauen auf Papst Franziskus“, sagt Kardinal Schönborn, der Papst lebe die Nähe auch zu den nichtkatholischen Gruppen und gehe auf sie zu, hier werde der Wunsch nach mehr Einheit unter allen Christen deutlich.

Sakramente, Geschichte, Einheit

Eine der großen Stärken der Charismatischen Erneuerung wie auch anderer geistlicher Bewegungen sei ihre ökumenische Ausrichtung, sie sei überhaupt erst aus dem Kontakt vor allem zu pentecostalen Kirchen in den USA entstanden. Das ist eine Dimension, die auch Papst Franziskus oft betont, etwa durch seinen Besuch im süditalienischen Caserta bei nichtkatholischen Evangelikalen im Jahr 2014. „Da wächst eine neue Ökumene und da ist schon eine neue Ökumene“ für die ganze Kirche, so Kardinal Schönborn. Dass der Papst vor dem großen Pfingsttreffen an diesem Samstagmorgen erst noch eine ökumenische Charismatikergruppe empfangen habe, sei ein gutes Zeichen.

Spannung zwischen Geist und Institution

Er selber sei seit den 70er Jahren in der Charismatischen Erneuerung aktiv und habe auch die Gründung von Gemeinschaften erlebt und Begleitet. Er erinnere sich noch gut an den ersten evangelikalen Gottesdienst überhaupt im Petersdom 1975, bei dem in Zungen gebetet wurde. Papst Paul VI. habe in seiner Audienz dann deutlich auf die Kriterien des Apostels Paulus für die Unterscheidung der Geister hingewiesen, in gewisser Weise sei dies überhaupt die Spannung, welche die Bewegungen erleben. Einerseits die Freiheit und das Neue, andererseits aber auch die Anbindung an die Ortskirchen und die Verfasstheit der katholischen Kirche.

Nüchterne Nordeuropäer

Wenn „wir eher nüchternen Nordeuropäer“ eher skeptisch auf die sehr auf Emotion setzende Bewegungen schauten, könne er das verstehen, „die Mahnungen des Papstes, es mit dem Überschäumen nicht zu weit zu treiben, gelten eher nicht für uns“, sagt Schönborn lächelnd. Deswegen hätten die Bewegungen auch in romanischen Ländern viel stärker Fuß gefasst.

Wie alle Bewegungen in der Kirche seit Jahrhunderten gelte nun auch für die Charismatische Erneuerung, sich die Frage nach der Zukunft zu stellen: „Wird es eine Institutionalisierung geben? Mehr Zusammenarbeit unter den vielen Einzelgruppen? Wird es eine „Erneuerung der Erneuerung“ brauchen?“ Kardinal Schönborn verweist auf die franziskanische Bewegung nach dem Tod des Franziskus, sie sei durch eine Krise gegangen und habe sich dann weiter entwickelt, das stehe den katholischen Charismatikern 50 Jahre nach ihrer Gründung nun auch bevor.

(rv 03.06.2017 ord)








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