2017-05-31 11:19:00

Philippinen: „Alarmierende Situation“


Wird Rodrigo Duterte bei seinem Kampf gegen Islamisten auf der Insel Mindanao Rücksicht auf Verluste nehmen? Wird der philippinische Präsident etwa auf den Hilfsappell der in Marawi entführten Geiseln eingehen? Vor dem Hintergrund von Dutertes rigoroser Sicherheitspolitik scheint das eher unwahrscheinlich. Pater Sebastiano D’Ambra wirkt für die Päpstlichen Missionswerke auf den Philippinen. Er sieht die etwa 240 Geiseln akut in großer Gefahr, wie er im Interview mit Radio Vatikan ausführt:

„Das ist eine neue und alarmierende Situation. Wir wissen nicht, wie sie sich weiterentwickeln wird, sicher aber werden die Angriffe weitergehen. Man kann nur hoffen, dass das Militär vorsichtig vorgeht, denn die Tendenz (des Militär, Anm.) ist, alles plattzumachen und sich nicht darum zu scheren, was passiert. Ich wünsche mir, dass es da guten Willen gibt – ich weiß nicht, wieviel es davon heute gibt… Man muss dafür beten, dass es zumindest die Vision gibt, eine Einigung zu finden.“

Pater D’Ambra will die Hoffnung auf eine glimpfliche Lösung für die Geiseln trotz allem nicht ganz aufgeben. Immerhin habe der Präsident vor Stunden noch gesagt, der Raum für Dialog sei „noch offen“, so der Geistliche. An dieses Duterte-Zitat klammert er sich, viel mehr bleibt ihm nicht übrig.

IS-treue Gruppe mit „viel Geld“

Die Islamistengruppe „Maute“, die sich zum IS bekennt, hatte letzte Woche Teile der Großstadt Marawi unter ihre Kontrolle gebracht. Unter anderem entführte sie einen Priester und 15 Gläubige aus der Kathedrale. Mit Panzern und Artillerie gehen Regierungstruppen seit dem Wochenende gegen die Rebellen vor; Dutzende von Menschen kamen bis heute ums Leben, darunter auch Zivilisten. Duterte hat das Kriegsrecht über die ganze Insel verhängt. Pater D’Ambra berichtet über die Hintergründe des Konfliktes:

„Mit seiner teuflischen Logik denkt der Islamische Staat, hier eine Provinz des Kalifats errichten zu können, und er ist auf fruchtbaren Boden gestoßen: Diese Gruppe, „Maute“, was ein Familienname hier ist, verfügt über Kontakte ins Ausland und hat diese Ideologie auch mit Hilfe von viel Geld konstruiert. Wir wissen darüber hinaus von vielen jungen Leuten, die hohe Gehälter bekommen und deswegen Teil dieser Gruppe werden.“

Angesichts der neuen islamistischen Infiltration auf Mindanao markiert die philippinische Regierung Unnachgiebigkeit: Duterte ließ die Rebellen bombardieren. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Regierung die Kontrolle zurückerlange, sagt der Armeesprecher. Für die örtliche Bevölkerung hat der Kampf fatale Folgen: Fast 90 Prozent der 200.000 Einwohner flohen laut Angaben der Behörden, der Rest harrt in den umkämpften Stadtbezirken aus. Dass Duterte es auf Mindanao jetzt mit dem IS zu tun hat, macht nach Ansicht von Pater D’Ambra „alles komplizierter“:

„Vor ein paar Jahren ist in Zamboanga etwas ähnliches mit sehr vielen Opfern passiert, es gab zehntausend verbrannte Häuser. Doch in Marawi wird das noch schlimmer werden, denn das Element des religiösen Fanatismus ist noch deutlicher. In Zamboanga war es uns gelungen, den religiösen Hass zu stoppen, wir haben uns zusammengetan, Christen und Muslime, und gemeinsam erklärt, dass dies kein religiöser Fall ist. In Marawi wird durch den IS alles komplizierter.“

Der Kampf muslimischer Aufständischer gegen die Regierung ist auf den Philippinen nicht neu: Mehr als 120.000 Menschen wurden bei solchen Kämpfen in den letzten 40 Jahren getötet. Auf Mindanao verüben Mitglieder islamistischer Gruppen, die eine Unabhängigkeit anstreben, regelmäßig Anschläge.

Hilfsappell der Entführten an die Regierung

Eine Woche nach der Entführung von 240 Menschen durch Islamisten auf der Insel Mindanao hat sich einer der Entführten in einem Video direkt an Rodrigo Duterte gewandt. In dem 5-minütigen Film bittet der Generalvikar des Bistums Marawi, Pater Teresito „Chito“ Suganob, den Präsidenten mit brüchiger Stimme darum, die Militäroffensive auf die Großstadt zu stoppen. Der von der Terrorgruppe „Maute“ festgehaltene Geistliche verweist in seinem Appell auf die dramatische Lage der Entführten: „Bitte denken Sie an uns“, richtet er sich an Duterte. Die philippinische Bischofskonferenz hatte sich zuvor ebenfalls mit einem Aufruf an Duterte gewandt, das Leben der Geiseln zu schützen.

(rv/diverse 31.05.2017 pr)








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