2017-05-27 08:42:00

Papst in Genua: „Arbeitslosigkeit ist Gefahr für Demokratie“


Wenn Arbeit in Krise gerät, dann immer auch die Demokratie. Mit klaren Worten sprach Papst Franziskus an diesem Samstag über die Bedeutung von Arbeit für den Einzelnen und die Gesellschaft. „Ohne Arbeit für alle gibt es keine Würde für alle“, so der Papst.

Papst Franziskus ist zu einem Pastoralbesuch nach Genua gereist und betonte gleich bei seinem ersten Programmpunkt deutlich sein Thema der Würde der Arbeit. Er begann aber zunächst sehr persönlich: „Ich erinnere mich hier vor allem daran, von wo mein Vater aufgebrochen ist, es berührt mich sehr“. Die Familie seines Vaters stammt aus dieser Stadt.

Bürgermeister, Provinz-Präsident und natürlich Erzbischof Angelo Bagnasco waren am Flughafen gewesen, um den Papst zu begrüßen. Von da ging es direkt zum ersten von drei Treffen, das der Welt der Arbeit galt. 3.000 Arbeiter, Gewerkschafter, Angestellte und etliche Unternehmer hatten sich eingefunden, und Papst Franziskus stellte sich ihren Fragen. Stilecht fand das Treffen in einer großen Industriehalle statt, viele Arbeiter trugen gelbe Schutzhelme, wie sie sie sonst im Job haben.

Genua galt gemeinsam mit Turin und Mailand noch vor wenigen Jahrzehnten als das Industrie-Dreieck Italiens, seitdem hat die alte Hafenstadt nicht nur 200.000 Einwohner verloren, sondern auch viele Betriebe und vor allem Industrie.

Unternehmer, Arbeitslose, Gewertschafterin

Ein Werftunternehmer sprach bei dem Papsttreffen von den Problemen für die Wirtschaft, nach der überhand nehmenden Bürokratie, dem Fehlen von angemessener Infrastruktur, viel Energie gehe dadurch verloren. Die Vertreterin der Gewerkschaften richtete den Blick des Papstes auf die neuen Industrien, die Industrie 4.0 und die neuen Herausforderungen durch technische Entwicklungen. Leider brächte das nicht mehr und bessere Arbeitsplätze mit sich, sondern vermehre die soziale Ungleichheit.

Ein Arbeitnehmer beklagte die mangelnde Solidarität unter Kolleginnen und Kollegen, Konkurrenz und Karrierewünsche bestimmten oft genug die soziale Umwelt. Und schließlich sprach eine Arbeitslose von dem zur Passivität verdammt sein, wenn man nicht zur Welt der Arbeit dazu gehöre.

Würde der Arbeit

„Auf der Arbeit aufgebaut“: der Papst zitierte den Artikel Eins der Verfassung Italiens um darauf hinzuweisen, dass eine Krise der Arbeit immer in einer Krise der Demokratie münde. Arbeit gebe Würde und lasse zu Teilhabern an der Gesellschaft werden. „Ohne Arbeit kann man überleben, aber um zu leben, braucht man Arbeit. Das ist der Unterschied zwischen Überleben und Leben. Es braucht deswegen Arbeit für alle.“ Der Papst betonte hier vor allem die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen, „das ist eine Hypothek für die Zukunft“.

„Arbeit ist eine menschliche Priorität“, davon wolle er ausgehen, „deswegen ist es auch eine Priorität des Papstes“. Oft schon hatte Papst Franziskus über Arbeit und Wirtschaft gesprochen und immer wieder das Recht auf Arbeit und die grundlegende Bedeutung der Würde und Selbstbestimmung betont, welche Arbeit gebe. So auch in Genua, wer glaube, dass Menschen nur arbeiten, weil sie bezahlt würden, der entwerte Arbeit. Es gehe – so der Papst einmal mehr – um Würde. Wenn aus Arbeitgebern Spekulanten würden, die nur auf Profit schauten, dann sei das eine „Krankheit der Wirtschaft“. Leider unterstütze die Politik diese Profitsuche oft genug, klagte Papst Franziskus.

24-h-Konsum: Der neue Kapitalismus des Genusses

Der „Götze“ Konsum unterstütze diese Entwicklung noch, „neue Tempel des Konsums, offen 24 Stunden am Tag mit dem Versprechen der Befriedigung aller Wünsche“, das sei der neue Kapitalismus, dem es nur noch um Genuss gehe. Wenn man Arbeit dem Konsum unterwerfe, schade das der Demokratie und der Gesellschaft, schloss der Papst den Kreis seiner Gedanken.

„Eine Lagerhalle wird Kathedrale“

„Eine Lagerhalle wird Kathedrale“ hatten die örtlichen Zeitungen vor dem Besuch getitelt, und so ähnlich äußerte sich auch der Papst: Nicht nur Kirchen und Pfarrsäle seien Orte der Kirche, auch die Fabrik oder Werft sei Ort des Volkes Gottes. Viele der Begegnungen Jesu, von denen die Bibel erzähle, finde in Arbeitssituationen statt, der Papst zitierte die Fischer am See von Genezareth.

„Wer die Arbeit nicht versteht, der versteht auch die Eucharistie nicht“, Orte der Arbeit seien Orte, von denen Gebete ausgehe, Gebete mit Worten aber auch Gebete der Hände und der Anstrengung. Deswegen schloss der Papst seine Ansprache auch mit einem Gebet für Arbeit, dem Gebet um den Heiligen Geist, Veni Creator Spiritus.

 

(rv 27.05.2017 ord)








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