2017-05-07 07:00:00

„Papstappelle machen den Menschen im Jemen Hoffnung“


Was ist noch schlimmer als ein Krieg? Antwort: ein vergessener Krieg. Wie der im Jemen, der international kaum beachtet wird. Obwohl bei genauerem Hinsehen einige Konfliktlinien denen in Syrien ähneln: Sunniten gegen Schiiten, Saudi-Arabien gegen Iran.

Mal abseits aller geopolitischen Analysen: Alle zehn Minuten stirbt im Jemen ein Kind. Nicht nur wegen des Kriegs, sondern auch wegen Lebensmittelknappheit, und weil das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist. Menschenrechtler tun alles, um Medikamente und Trinkwasser zu den Bedürftigen zu bringen – aber sie alle würden wohl dem Jemen-Verantwortlichen von „Care International“, Wael Ibrahim, zustimmen, der sagt: „Die Menschenrechtslage ist sehr schwierig.“

Die einzige Direktverbindung der Helfer von außerhalb ins Land hinein ist zusammengebrochen: „Der Flughafen von Sana’a ist seit August geschlossen. Das bedeutet: Selbst die im Jemen, die noch Geld in der Tasche haben, kommen nicht mehr an Medikamente heran. Schüler gehen nicht mehr in die Schule, Geschäftsleute können keine Geschäfte mehr betreiben. Es ist sehr teuer und fast unmöglich geworden, in den Jemen rein- oder aus ihm rauszukommen. Wenn wir jemanden aus dem Jemen zu einer Konferenz oder Weiterbildung einladen, braucht der drei Tage, bis er kommt.“

Aus Ibrahims Sicht wäre es sehr wichtig, die Jemeniten, die in der Privatwirtschaft tätig sind, zu unterstützen. „Der Privatsektor hat eine Schlüsselrolle, um Einkommen zu erzeugen und Arbeitsplätze zu schaffen. Selbst wenn wir die zwei Milliarden Dollar an humanitärer Hilfe hätten, die wir brauchen – was ist das schon für ein Volk von 26,5 Millionen Menschen im Jemen...“

Zur Kriegslage will sich Wael Ibrahim nicht äußern, das sei alles kompliziert, sagt er. Für Care geht es darum, ins Land hineinzukommen und Bedürftigen helfen zu können. „Der Konflikt hat eine ohnehin schon sehr schwierige Lage noch verzweifelter gemacht. Jemen ist auch so schon das ärmste Land im Nahen Osten, ganz unten im UNO-Entwicklungs-Index. Allein mit humanitärer Hilfe von außen kann das Land nicht überleben, da müsste in Entwicklung und Wiederaufbau investiert werden. Wir hätten gerne, dass Geld in den Anbau von Lebensmitteln gesteckt wird, in den Aufbau von Infrastruktur, dass etwas für die Wiederöffnung des Flughafens getan wird undsoweiter.“

„Der Jemen ist einfach zu kompliziert zu erklären“

Es sei fast unmöglich, international Aufmerksamkeit für die verzweifelte Lage im Jemen zu wecken. „Der Jemen ist einfach zu kompliziert zu erklären. Die Medien sagen uns: Wißt ihr, die Leute wollen nicht immer nur hören, dass irgendwo gehungert wird, sondern sie wollen wissen, warum gehungert wird, wer verantwortlich ist! Wir als humanitäre Organisation dürfen allerdings auf niemanden mit dem Finger zeigen. Unsere Aufgabe besteht vielmehr darin, mit den Folgen fertigzuwerden. Um die Gründe müssten sich Politiker kümmern... Es ist komplex, es bräuchte viel Aufmerksamkeit – und wir als humanitär Engagierte müssen dafür sorgen, dass Hilfen zu den Leuten kommen.“

Dafür, dass Papst Franziskus immer wieder zu einem Ende des Krieges im Jemen aufruft, ist Wael Ibrahim dankbar. Dadurch werde das Thema nicht nur international wachgehalten – auch die Menschen im Jemen fassten wieder Mut, wenn sie das hörten. „Es gibt den Menschen im Jemen ein starkes Signal: Ihr seid Menschen, und wie es euch geht, das geht jeden etwas an! Natürlich gibt es nicht viele Christen im Jemen; aber die Tatsache, dass ein spiritueller Führer wie der Papst so etwas sagt, vermittelt ihnen ein bisschen Hoffnung, dass die Welt sie sieht. Die Welt interessiert sich für sie, und aus Weltgegenden, von denen sie es am wenigsten erwarten – etwa dem Vatikan –, bekommen sie starke moralische Unterstützung.“

(rv 07.05.2017 sk)








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