2017-03-23 10:36:00

Frankreich: „Ich habe mich geschämt für Missbrauchsfälle“


Die Recherche dreier Journalisten aus Lyon zum Missbrauchsskandal in Frankreich schlägt hohe Wellen. Am Dienstagabend stellten die Journalisten ihre Resultate im Fernsehen vor. Demnach hätten 25 Bischöfe aus Frankreich 32 Priester gedeckt, die am Missbrauch beteiligt gewesen sein sollen. Insgesamt habe es 339 Opfer gegeben, wovon 288 minderjährig gewesen seien. Allein der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, wird beschuldigt, insgesamt fünf Priester, bei denen er von Missbrauch gewusst haben soll, gedeckt zu haben.

Die Französische Bischofskonferenz hatte am Montag mitgeteilt, dass sie nicht an der Fernsehdebatte zum Thema Missbrauch teilnehmen werde, da die Journalisten medienethische Standards bei ihren Recherchen und Interviews nicht respektiert hätten. Dies bedeute aber nicht, dass die Bischofskonferenz der Grande Nation das Thema herunterspiele oder nicht ernst nehmen wolle, so der Anti-Missbrauchsbeauftragte der französischen Bischofskonferenz, Luc Crepy, im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Mein erster Gedanke, als ich diesen Bericht im Fernsehen sah, war ein großes Gefühl der Scham. Es ist wichtig und richtig, falsche Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen aufzuzeigen. Die Wahrheit muss immer ans Tageslicht. Ein weiterer Punkt, den ich wichtig fand: wir dürfen nie den Schmerz der Opfer vergessen.“

Gleichzeitig will der Bischof von Puy-en-Velay ganz klar festhalten, dass „die Kultur des Schweigens“ – so wie es Benedikt XVI. bezeichnet und bekämpft hat – heutzutage nicht mehr gang und gäbe sei. Dies bedeute aber nicht, dass jetzt alles in Ordnung sei. „Es gibt noch viel zu tun“, fügt der französische Bischof an.

„Wir sind aber auf einem Weg, den wohl die meisten unterstützen und bei dem alle verstehen, dass das Schweigen dramatisch und tragisch ist. Das war eine beschämende Sache für die Kirche.“

Seit 17 Jahren gibt es in Frankreich Richtlinien zum Umgang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, erinnert der Bischof. Seit 2002 führt die Bischofskonferenz auch regelmäßig Konferenzen zu dem Thema durch, 2010 wurden die Richtlinien neu überarbeitet. Mit der Unterstützung des Papstes und der Thematisierung weiterer Fälle durch Medienberichte wurden 2016 wiederum neue wichtige Impulse gegeben, fügt Bischof Crepy an.

Zur Erinnerung: Vor einem Jahr hatten sich in Frankreich mehrere Menschen zu Wort gemeldet, die Mitglieder der Kirche beschuldigten, sie sexuell missbraucht zu haben. Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, wurde wegen Nichtanzeige sexueller Übergriffe in seinem Verantwortungsbereich angezeigt. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen ihn jedoch im August ein. Es habe keine Hinweise auf eine Straftat gegeben, hieß es. Als Reaktion auf den Skandal hatte die Französische Bischofskonferenz im Frühjahr eine unabhängige „Kommission gegen Pädophilie“ ins Leben gerufen und eine Website eingerichtet, auf der Missbrauchsopfer und Familienangehörige Fälle melden und Kontakt mit den Zuständigen in ihrem Bistum aufnehmen können.

(rv/kna 23.03.2017 mg)








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