Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Glaubenskongregation im Vatikan reagiere nicht angemessen auf Schreiben von Opfern sexuellen Missbrauchs. Es sei eine seelsorgerische Aufgabe solche Briefe zu beantworten und obliege daher den Ortsbischöfen und Generaloberen der Orden, die den Opfern näher stünden, sagte Müller in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera". Die Glaubenskongregation habe hingegen die Aufgabe, einen kirchenrechtlichen Prozess zu führen, so der Präfekt der Glaubenskongregation. Müllers Behörde ist im Vatikan für die Ahndung sexuellen Missbrauchs durch Priester zuständig.
Müller reagierte damit auf Vorwürfe des Missbrauchsopfers Marie Collins, die ihren
Rücktritt aus der päpstlichen Kinderschutzkommission vor einigen Tagen mit mangelnder
Kooperationsbereitschaft der römischen Kurie, vor allem der Glaubenskongregation,
begründet hatte. Collins war im Alter von 13 Jahren von einem Priester sexuell missbraucht
worden. Sie hatte die Glaubenskongregation nach eigener Darstellung gebeten, Schreiben
von Missbrauchsopfern zu beantworten. Die Ablehnung ihres Ansinnens gab nach ihrer
Darstellung den letzten Ausschlag für den Rücktritt.
Müller betonte in dem Interview, dass seine Behörde in ständigem Kontakt zur päpstlichen
Kinderschutzkommission stehe, beide hätten jedoch unterschiedliche Aufgaben. Er verwies
darauf, dass Papst Franziskus jüngst den Vorsitzenden der Kommission, Bostons Kardinal
Sean Patrick O'Malley, zum Mitglied der Glaubenskongregation ernannt habe.
Laut Kardinal Müller informiert die Glaubenskongregation stets den zuständigen Ortsbischof, wenn ein Brief von einem Missbrauchsopfer eingeht, um eine seelsorgerische Betreuung zu ermöglichen. Zudem werde dem Bischof mitgeteilt, dass die Kongregation alles in ihrer Macht Stehende tue, um Gerechtigkeit zu schaffen. Es sei jedoch ein Missverständnis, zu glauben, seine Behörde könne sich um alle Diözesen und Orden der Weltkirche kümmern, sagte Müller. Dies würde sowohl gegen das „legitime Prinzip der Autonomie der Bistümer" als auch gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstoßen.
(kap 05.03.2017 gs)
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