2017-02-13 12:40:00

Papstpredigt: „Das Töten ist ein Prozess, der klein anfängt"


Neid und Missgunst führen zur Zerstörung der Familien und, in einem größeren Rahmen, ganzer Völker. Darüber hat Papst Franziskus am Montag bei seiner Morgenmesse in der Residenz Santa Marta gesprochen. Er empfahl Gläubigen, Missstimmungen, die die geschwisterlichen Beziehungen untereinander untergraben, bereits bei ihrem Aufkommen entgegenzutreten. Bei der päpstlichen Morgenmesse anwesend war unter anderem Pater Adolfo Nicolás, der General der Jesuiten von 2008 bis 2016. Der Spanier steht kurz vor seiner Abreise auf die Philippinen, wo er seinen missionarischen Dienst wieder aufnimmt, den er für seine Amtszeit als Ordensoberer unterbrochen hatte. „Möge der Herr ihm alle guten Taten vergüten“, so Papst Franziskus bei seiner Messe an den Jesuiten gewandt, „und möge er ihn auf der neuen Mission begleiten. Danke, Pater Nicolás.“

Kleine Ursache, großes Leid

Die Gedanken des Papstes kreisten um die heutige Lesung aus dem Buch Genesis, die von den Brüdern Kain und Abel spricht. Dies sei das erste Mal, erinnerte der Papst, dass das Wort “Bruder” in der Bibel vorkomme. Es sei die Geschichte einer Brüderlichkeit, die „wachsen und schön sein sollte, aber stattdessen zerstört wird“. Alles nehme seinen Ausgang von einem Stich des Neides; Kain ist darüber erzürnt, dass sein Opfer bei Gott keinen Anklang findet und beginnt, diesem Gefühl immer größeren Raum zu gewähren. Wie Papst Franziskus es nennt, „zog er den Instinkt vor, er zog es vor, in sich dieses Gefühl zu köcheln, es aufzubauschen und wachsen zu lassen. Die Sünde, die er später begehen wird, kauert hinter diesem Gefühl. Und wächst und wächst.“ So wüchsen auch die Feindschaften unter uns, betont Papst Franziskus: Es sei oft eine Lappalie, ein kleines Neidgefühl, das größer werde, „und wir sehen das Leben nur von diesem Punkt aus und der kleine Splitter wird für uns zu einem Balken, aber es sind wir, die diesen Balken haben, er ist da. Und unser Leben kreist nur noch darum, und das zerstört das Band der Geschwisterlichkeit, die Brüderlichkeit.“

Bitterkeit ist nicht christlich

Mit der Zeit sei man von diesem Übel „besessen, verfolgt“, mahnte der Papst.

„Und so wächst es, wächst die Feindschaft und es geht schlimm aus. Immer. Ich nehme von meinem Bruder Abstand, das ist nicht mein Bruder, sondern ein Feind, der zerstört und vertrieben werden muss… und so zerstört man die Menschen, die Fehden zerstören Familien, Völker, alles!“ Dies sei mit Kain passiert, der am Ende seinen Bruder tötet – ein Absolutsetzen des Ich, das keine Geschwistergefühle kennt. „Das, was Kain zu Beginn passiert ist, passiert uns allen, aber dieser Prozess muss noch im Entstehen aufgehalten werden, bei der ersten Missstimmung! Bitterkeit ist nicht christlich. Der Schmerz schon, aber die Bitterkeit nicht. Wie viele Feindschaften, wie viele Kluften!“

Das Blut so vieler schreit vom Ackerboden zu Gott

Auf die Frage Gottes nach Abel leugnet Kain, zu wissen, wo dieser geblieben ist. Doch Abels Blut, so entgegnet ihm Gott, schreie vom Ackerboden zu ihm. Jeder von uns, so Papst Franziskus, könne vielleicht von sich sagen, niemanden getötet zu haben. Doch „wenn du ein Missgefühl gegenüber deinem Bruder hegst, hast du ihn getötet; wenn du deinen Bruder beleidigst, hast du ihn in deinem Herzen getötet“. Das Töten sei ein Prozess, der klein anfange. So wüssten wir beispielsweise, wo diejenigen sind, die „bombardiert werden“ oder „gejagt sind“, aber das „sind keine Brüder“:

„Und wie viele Mächtige auf der Erde können so sprechen, ,mich interessiert nur dieses Territorium, dieses Stück Erde, dieses andere… wenn die Bombe fällt und 200 Kinder umbringt, dann ist es nicht meine Schuld! Es ist die Schuld der Bombe! Mich interessiert nur das Territorium.´“ Dies sei der Weg der Blutschuld, und das Blut so vieler Menschen schreie vom Acker zu Gott, fuhr Franziskus fort. Doch alles sei miteinander verbunden, denn „dieses Blut dort, vielleicht ein kleiner Tropfen davon, steht in Beziehung mit meinem Neid, meiner Eifersucht, die ich herausgelassen habe, als ich eine geschwisterliche Beziehung zerstört habe.“

„Möge der Herr uns heute dabei helfen”, so betet Papst Franziskus abschließend, „seine Frage zu wiederholen: ,Wo ist dein Bruder?´, helfe er uns dabei, an die zu denken, die wir mit der Zunge zerstören, und an alle die, die in der Welt wie Dinge behandelt werden und nicht wie Geschwister, denn was wichtiger als ein Stück Erde ist, ist das Band der Brüderlichkeit.“

(rv 03.02.2017 cs)

 








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