2017-02-12 12:48:00

Angelus: Jesus erwartet von uns mehr als „Formalismus“


Nicht „Fassaden-Christen“ sein, sondern „Christen mit Substanz“: Dazu hat Papst Franziskus an diesem Sonntag aufgerufen. Beim Angelusgebet am Petersplatz in Rom sprach er über einen Auszug aus der Bergpredigt Jesu. Der Herr habe seinen Zuhörern „helfen wollen, das mosaische Gesetz in neuem Licht zu sehen“.

„War denn das, was im Alten Bund gesagt worden war, wahr? Ja, es war wahr, aber es war nicht alles: Jesus ist gekommen, um das Gesetz Gottes zu erfüllen und definitiv zu verkünden, bis zum letzten Jota. Er legt seine ursprünglichen Absichten frei und erfüllt die authentischen Aspekte – durch seine Predigt und mehr noch durch seine Selbsthingabe am Kreuz.“

Genau diese Frage – ob Jesus das Gesetz des Mose bestätigt oder im Gegenteil aufhebt – war vor zehn Jahren der Ausgangspunkt des ersten, veröffentlichten Jesus-Buches des damaligen Papstes Benedikt XVI. Der deutsche Papst führte darin einen imaginären Dialog mit einem jüdischen Rabbiner über Jesu Bergpredigt und über Jesu Rolle als neuer Mose.

Franziskus arbeitete an diesem Sonntag den Aspekt heraus, dass Jesus in der Bergpredigt auf „die Substanz der Gebote“ gezielt habe, „um das Risiko des Formalismus zu vermeiden“. „Der Formalismus: das darf ich, dies darf ich nicht... Bis hierhin kann ich, bis dorthin nicht… Nein: mehr! “ Jesus erwarte von seinen Jüngern eine Gerechtigkeit, die „weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer“.  

„Im einzelnen untersucht Jesus im heutigen Evangelium drei Aspekte, drei Gebote: den Mord, den Ehebruch und das Schwören. Zum Gebot „Du sollst nicht töten“ bemerkt er, dass es da nicht nur um den tatsächlichen Mord gehe, sondern um jedwedes Benehmen, das die Würde des Menschen verletzt, darunter auch beleidigende Worte. Natürlich sind solche beleidigenden Worte nicht so schlimm und schuldvoll wie ein Mord – aber sie liegen doch auf derselben Linie, weil sie die Prämisse dafür sind und böses Wollen an den Tag legen. Jesus lädt uns hier nicht dazu ein, eine Liste anzulegen, wie schlimm genau welche Beleidigung ist, sondern sie alle als schädlich anzusehen, weil sie alle dem Nächsten Böses tun wollen... Wie sehr sind wir doch daran gewöhnt, andere zu beleidigen! Fast so sehr wie ans Guten-Tag-Sagen! Und das liegt auf derselben Linie mit Mord... Bitte, nicht beleidigen! Wir gewinnen nichts dadurch…“

Auf ähnliche Weise legte Franziskus auch aus, was Jesus in der Bergpredigt über das Schwören und über den Ehebruch sagt. „Mit Ehebruch verhält es sich wie mit Diebstahl, Korruption und anderen Sünden: Sie entstehen in unserem Herzen. Sobald sich erst mal unser Herz auf die falsche Wahl eingelassen hat, werden sie dann konkret umgesetzt. Jesus sagt: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen, ist auf dem Weg zum Ehebruch. Denken wir ein bisschen darüber nach: über die schlechten Gedanken, die auf dieser Linie liegen...“

(rv 12.02.2017 sk)








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