2017-02-08 14:58:00

Vatikan: Freigabe der Akten zu Pius XII. verzögert sich


Die Freigabe der vatikanischen Akten über Papst Pius XII. (1939-1958) in den Weltkriegsjahren verzögert sich weiter. Der Stand der Vorbereitung sei mittlerweile „an einem guten Punkt" angelangt, es fehlten jedoch noch die Bestände von 20 bis 30 Archiven vatikanischer Botschaften, sagte der Leiter des Vatikanischen Geheimarchivs, Bischof Sergio Pagano, am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichtenagentur in Rom. Ein Datum für die Freigabe wollte Pagano nicht nennen. Diese Entscheidung obliege allein dem Papst, so der Kurienbischof.

Wegen der umstrittenen Haltung von Pius XII. angesichts des Holocausts fordern Historiker und einige jüdische Verbände seit langem eine Freigabe der Akten über sein Pontifikat. Ursprünglich hatte der Vatikan diese für 2015 angekündigt, dann jedoch eine Verzögerung mitgeteilt. Papst Franziskus hatte wiederholt seine Bereitschaft bekundet, die Akten für die Forschung freizugeben, sobald deren Katalogisierung abgeschlossen sei. Bereits unter Benedikt XVI. war diese Arbeit begonnen worden.

Bei der ursprünglichen Ankündigung einer Freigabe für 2015 habe man unterschätzt, wie viele vatikanische Archive gesichtet werden müssten, sagte Pagano weiter. Derzeit arbeiteten rund ein Dutzend der insgesamt 50 bis 60 Mitarbeiter des Geheimarchivs an der Katalogisierung der Akten über Pius XII. Er könne jedoch nicht alle Angestellten dafür einsetzen.

 

Gregoriana-Jesuiten forschten ab 1964

Zu Pius XII. hatte Papst Paul VI. 1964 eine Historikerkommission von Gregoriana-Jesuiten aus vier Ländern unter Koordinierung von P. Pierre Blet mit der Sichtung des Archivmaterials beauftragt. Sie gab eine elfbändige Publikation unter dem Titel „Actes et documents du Saint-Siège relatifs à la Seconde Guerre mondiale" (ADSS; Akten und Dokumente des Heiligen Stuhls in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg) heraus. Damit waren die Kritiker allerdings nicht zufriedengestellt. 

Sie werfen Pius XII. vor, er habe angesichts der nationalsozialistischen Judenvernichtung geschwiegen. Seine Verteidiger weisen darauf hin, dass dieser Papst zahlreiche Juden gerettet und keineswegs geschwiegen habe.

Eine mögliche Selig- oder Heiligsprechung von Pius XII. ist nach Auffassung von Beobachtern eng mit der Freigabe der Akten verknüpft. Nach ihrer Einschätzung wird der Vatikan das Seligsprechungsverfahren erst nach einer Freigabe der Akten weiter vorantreiben, um dem Vorwurf zu entgehen, er verberge belastendes Material.

Im Dezember 2009 erkannte der Vatikan Pius XII. den „heroischen Tugendgrad" zu, ein wichtiger Schritt zur Seligsprechung. Seither sind jedoch keine Fortschritte im Seligsprechungsprozess bekannt.

(kna 08.02.2017 pr)








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