2017-02-03 11:28:00

Malteserorden: Großkanzler will nach Krise Einheit schaffen


Einheit schaffen und die Mission der Malteser weltweit fortführen – das sind die Prioritäten des neuen und zugleich alten Großkanzlers der Malteser. Der Orden sei durch das Tauziehen um seine Führung in eine tiefe Krise geraten, viel Vertrauen sei zerstört worden, sagte Albrecht von Boeselager am Donnerstagnachmittag im Interview mit Radio Vatikan in Rom. Dort stellte er sich am Sitz der Vereinigung der Auslandspresse, der „Stampa Estera“, Fragen der Journalisten.

Einheit schaffen, Mission fortführen

Die Vorgeschichte im Schnelldurchlauf: Im Dezember hatte der damals noch amtierende Großmeister des Malteserordens, Fra´ Matthew Festing, den Großkanzler Albrecht von Boeselager für abgesetzt erklärt. Papst Franziskus richtete daraufhin eine Kommission ein, die den Fall studieren sollte. Festing verweigerte die Zusammenarbeit mit der päpstlichen Kommission, reichte aber Wochen später bei einer Papstaudienz – offenbar nach Abschluss der Untersuchungen – seinen Rücktritt ein. Dies ermöglichte es dem Souveränen Rat des Ordens, die Amtsenthebung Boeselagers rückgängig zu machen. Der neu bestätige Großkanzler sieht in dieser Lage seine Aufgabe darin, im Orden „zunächst wieder Einheit herzustellen“. Er habe „sehr viel Unterstützung erfahren, es gab aber auch andere Meinungen“, kommentierte Boeselager die Auseinandersetzungen. „Es wird darauf ankommen, dass wir uns wieder alle auf die Mission des Ordens konzentrieren.“

Neben Spannungen innerhalb des Ordens sei jetzt eine weitere Herausforderung die anstehende Ordensreform, führte von Boeselager weiter aus. Es sei kein Geheimnis, dass die Zahl der Berufungen im Vergleich zu den übrigen Mitgliederzahlen des Ordens sehr gering sei, so der Großkanzler mit Blick auf den Ordensnachwuchs. Der Großmeister des Ordens kann nur aus diesem Kreis gewählt werden – derzeit stehen nur sehr wenige potentiell geeignete Kandidaten zur Verfügung, um voraussichtlich Mitte April den neuen Großmeister zu stellen, gab von Boeselager auf der Pressekonferenz in Rom bekannt.

Jetzt gelte es die anstehenden Aufgaben anzupacken und nach vorn zu blicken, betonte der Malteser-Großkanzler: „Die Krise der vergangenen Wochen ist in der jüngeren Vergangenheit des Ordens nicht vorgekommen. Wir sind froh, dass die gewählte Regierung jetzt weder in der Lage ist, den Orden zu führen. Unsere erste Priorität wird sein, Normalität zurückzubringen, damit unsere Werke wieder in Ruhe arbeiten können und wir unserer eigentlichen Mission wieder nachkommen können. Zum Glück sind die Aktivitäten durch die Krise wenig betroffen gewesen und konnten überall fortgeführt worden.“

Rücktrittswunsch von Vatikanseite „existierte nicht“

Gegenüber Radio Vatikan erläuterte Boeselager am Donnerstag die Umstände seiner - dann aufgehobenen - Entfernung aus dem Orden. Nach der Amtsenthebung durch Festing hatte Boeselager vor dem ordensinternen Gericht geklagt, da er seine Entlassung als widerrechtlich betrachtete: „Ich bin gebeten worden, auf einen entsprechenden Wunsch des Vatikans zurückzutreten. Es hat sich aber herausgestellt, dass dieser Wunsch nicht existierte. Das war auch der Grund, aus dem der Heilige Stuhl sich der Sache angenommen hat.“

Festing war „schlecht beraten“

Der zunächst interne Streit an der Spitze des Malteserordens war in einen offenen Konflikt mit dem Heiligen Stuhl gemündet, der nun offenbar ausgeräumt ist. Festing war bei seiner Auseinandersetzung mit dem Vatikan offensichtlich „schlecht beraten“, kommentierte Boeselager die Vorgänge jetzt in Rom. Es habe „Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Ordensregierung“ gegeben, die letztlich ausschlaggebend für die Krise und seine Absetzung gewesen seien. Die gesamte Führungsriege des Ordens sei jedoch mit einigen personellen Entscheidungen Festings nicht einverstanden gewesen. So habe der Großmeister Ernennungen teils „ohne Rücksicht auf die Ordensverfassung“ vorgenommen, erklärte der Großkanzler. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Festing wiederum sei unterblieben, weil weder er, Boeselager, noch andere Mitglieder des Führungszirkels eine Grundlage dafür in der Ordensverfassung gesehen hätten.

Päpstlicher Delegat „einziger Ansprechpartner“ für Franziskus

Mit Spannung wird nun die Ernennung des Päpstlichen Beauftragten für den Orden erwartet. Dieser solle dabei „helfen, die religiösen Aspekte des Ordens zu nähren und zu inspirieren, und mögliche Punkte der Reform anzustoßen, die nach den bevorstehenden Wahlen behandelt werden müssen“, so der Großkomtur und interimistische Leiter des Ordens Ludwig Hoffmann-Rumerstein in einer Presseaussendung. Auf die Frage, welche zukünftige Rolle im Orden der Kardinalpatron der Malteser haben werde, Kardinal Raymond L. Burke, antwortete Boeselager, der habe klar gestellt, dass sein Delegat der „einzige Ansprechpartner des Papstes in Ordensbelangen“ sein, „das Übrige überlassen wir dem Papst“. Im Allgemeinen war es bisher die Aufgabe des Kardinalpatrons, die spirituelle Ausrichtung des Malteserordens zu bestimmen und die Beziehungen des Ordens zum Heiligen Stuhl zu pflegen. Kardinal Burke hatte sich in verschiedenen Belangen mehrfach als offener Kritiker von Papst Franziskus positioniert.

Er sei Papst Franziskus dankbar für sein Vorgehen, das zu einer raschen Lösung der Krise beitragen habe, merkte von Boeselager weiter an. Das Kirchenoberhaupt habe die während der Krise immer wieder betonte Souveränität des Ordens unangetastet gelassen. Nun gelte es, neues Vertrauen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Orden zu schaffen, hielt der Großkanzler fest.

Weltweite Krisen wichtiger als Ordenskrise

Mit Blick auf die negativen Folgen der Krise erwähnte von Boeselager weiter die Abwendung potentieller Spender für die Malteser während der vergangenen Wochen. „Ich glaube, es wäre illusorisch zu glauben, dass das Vertrauen nicht geschädigt worden ist, und unsere Priorität wird sein, dieses Vertrauen und Normalität wieder herzustellen.“ Zwar sei die finanzielle Einbuße „eingegrenzt“, aber es seien diese Spenden, die die humanitäre Arbeit des Ordens erst möglich machten. Von Boeselager brachte dies so auf den Punkt: „Wichtiger als die Krise des Malteserordens sind die weltweiten Krisen.“

(rv 03.02.2017 cs)








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