2017-02-01 12:43:00

Pakistan: Änderung des Blasphemiegesetzes in Sicht?


Religiöse Minderheiten in Pakistan schöpfen Hoffnung: am Horizont scheint die Möglichkeit auf, dass das umstrittene Blasphemiegesetz revidiert wird. Der pakistanische Senat soll sich in Kürze mit zahlreichen Änderungsvorschlagen für das Gesetz befassen, das immer wieder gegen religiöse Minderheiten eingesetzt wird. 1986 verabschiedet hat der Paragraph in dreißig Jahren Gültigkeit zur Verurteilung Hunderter unschuldiger Menschen geführt, die angeblich den Propheten Mohammed beleidigt haben sollen. Ein prominenter Fall: die Christin und junge Mutter Asia Bibi, die in Pakistan seit Jahren im Todestrakt sitzt.

Paul Bhatti ist ehemaliger Minister für Nationale Harmonie und Minderheitenschutz in Pakistan. Sein Bruder Shabaz Bhatti, der sich als katholischer Minister ebenfalls stark für den Minderheitenschutz einsetzte, war im Jahr 2011 von einem islamistischen Extremisten getötet worden. Im Interview mit Radio Vatikan äußert sich Paul Bhatti einerseits zuversichtlich, dass das umstrittene Gesetz tatsächlich in Kürze revidiert werden könnte. Grund für diese Hoffnung ist laut Bhatti „die extreme Ideologie, die dieses Gesetz stützt: Unabhängig davon, ob es sich um Minderheiten oder Mehrheiten handelt, wird jeder beschuldigt - auch Salmaan Taseer, ein muslimischer Gouverneur, ist umgebracht worden…“ Wichtig sei deshalb zunächst, den Extremisten klar zu machen, dass es nicht im Sinne ihrer Religion sei, zu töten, wenn jemand einen Propheten oder ein Buch beleidigt haben soll. Davon seien mittlerweile auch Mitglieder des pakistanischen Parlaments und wichtige muslimische Führer überzeugt, berichtet Bhatti - dies gebe Hoffnung für die Zukunft.

Andererseits werde eine Änderung dieser tief verankerten Mentalität noch Zeit brauchen, schätzt der Fürsprecher religiöser MInderheiten in Pakistan. Tatsächlich nämlich - so Bhatti - „sitzen im Parlament viele Extremisten, und jedes Mal, wenn Vorschläge erbracht werden, fangen die Drohungen wieder an… Wir kämpfen dagegen gegen den Missbrauch des Gesetzes, mit dem unschuldige und wehrlose Menschen wie Asia Bibi angeklagt werden.“

Noch sei nichts entschieden, doch der jahrelange Kampf für die Freilassung Asia Bibis, der auf nationaler wie auch internationaler Ebene geführt wurde, könne Früchte tragen, glaubt Bhatti: „Mein Gefühl ist, dass sowohl die Regierung als auch die Justiz sie befreien wollen”, sagt er.

Im Fokus der westlichen Welt steht vor allem die Verfolgung der christlichen Minderheiten in Pakistan. Doch auch Muslime seien durch Repressalien in Pakistan betroffen, erinnert Bhatti: „Es gibt schiitische Sekten, auch Hindus… Wenn man einer Minderheit angehört, hat man wenig Schutz und wenig Sicherheit; die Armen haben auch keine Mittel. Das ist ein Problem, das Pakistan mit großem Feingefühl angeht. Meine Wahrnehmung, die sich auf mehrere Faktoren stützt, ist, dass die Verfolgungen nachlassen. Es gibt eine Verbesserung, wenn sie auch nur gering ist.“

Dazu könnte auch Bhatti selbst beigetragen haben: Nach dem Tod seines Bruders hat er eine Organisation gegründet, die sich für interreligiösen Dialog und Minderheitenschutz einsetzt und Zustimmung auf lokaler wie internationaler Ebene erfahren hat. Doch viel sei noch zu tun, um den Dialog zwischen dem Westen und der muslimischen Welt zu verbessern: „Ich denke zunächst einmal, dass eine internationale Einheit in der arabischen wie auch in der westlichen Welt fehlt. Es braucht Einheit zwischen den Staaten. Auf internationaler Ebene muss man sicherstellen, dass es in einem Staat nicht vorkommt, dass eine Person sich nicht frei fühlt und gezwungen ist, aus ihrem Land zu fliehen, weil sie dort nicht sicher ist.“ Eine weitere Großbaustelle laut Bhatti: der Kampf gegen die Armut. „Wenn es extreme Armut gibt, dann muss darüber gesprochen werden. Alle diese Länder, inklusive Saudi Arabien, die Arabischen Emirate, Dubai und ganz Indonesien müssen einen Schritt vorwärts machen, wenn es um Immigration geht: nicht nur Deutschland, Italien oder andere Länder…“ 

(rv 01.02.2017 cs)








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