2017-02-01 12:30:00

D: Schwester Lea Ackermann wird 80


Sie ist eine der berühmtesten und meinungsstärksten Ordensfrauen Deutschlands: Schwester Lea Ackermann. Am 2. Februar wird sie 80 Jahre alt; ihr Geburtstag fällt also ausgerechnet auf das Fest Erscheinung des Herrn, wenn die Ordensleute alljährlich ihre Gelübde bekräftigen. Die Würde und die Rechte unterdrückter und gequälter Frauen spielten in Schwester Leas Leben eine entscheidende Rolle. Ihr Name ist mit dem Einsatz für Zwangsprostituierte verbunden, seit sie 1985 in Kenia das internationale Hilfswerk SOLWODI („Solidarität mit Frauen in Not“) gründete. In den letzten drei Jahrzehnten „ist so vieles passiert zum Guten hin für diese Frauen“, sagte uns Schwester Lea im Geburtstagsinterview mit Radio Vatikan.

Lea Ackermann wurde am 2. Februar 1937 im Saarland geboren. Dass die lebenslustige junge Bankkauffrau mit 23 in einen Orden eintrat, überraschte fast alle in ihrem Umfeld, wie Schwester Lea in ihrer Autobiografie „Um Gottes Willen, Lea!“ anschaulich schildert. Doch in den „Missionsschwestern unserer Lieben Frau von Afrika“ fand sie ihre Berufung. 1985 gelangte Schwester Lea nach Mombasa in Kenia. Dort sah sie mit eigenen Augen das Leid zahlloser Frauen: sexuelle Ausbeutung, Zwangsheirat, Missbrauch aller Art. Und sie beschloss, diesen „chancenlosen Kindern Gottes“, wie sie sie nennt, zu helfen, so weit ihre Kräfte reichten.

„Touristen, die sich eine Weltreise erlauben können – es brauchen nicht alle reich zu sein, aber sie können sich eine Weltreise erlauben – kommen nach Mombasa in ein Ferienparadies“, erzählt die Ordensfrau. „Und dort sehen sie Elend und Armut von Kindern und Frauen, und das nutzen sie für ihr billiges Vergnügen aus. Das hat mich wütend gemacht. Dann habe ich mit den Frauen gesprochen, und die haben mir das auch bestätigt. Die haben mir gesagt: ,Meinen Sie wirklich, es macht Spaß, mit jedem Deppen abzuziehen und sich Krankheiten zu holen, mal Geld zu haben, mal keins?' Und da habe ich gesagt: ,Wenn ihr das so empfindet, dann überlegen wir doch, was ihr anders machen könnt. Und ich habe dem lieben Gott gezeigt: Das sind deine chancenlosen Töchter. Für die will ich mich einsetzen. Lass du mich bloß nicht hängen!“

„Also da bin ich richtig stolz drauf“

Und das hat er wahrlich nicht: In den letzten über 30 Jahren „ist so vieles passiert zum Guten hin für diese Frauen“. Allein in Kenia gibt es mittlerweile 34 Beratungsstellen und ein Ausbildungszentrum. Die Mitarbeiter von SOLWODI bilden Frauen zu Bäckerinnen, Schuhmacherinnen, Schneiderinnen, Seifensiederinnen, Friseusen und anderen Berufen aus. Schwester Lea ist froh, auf diese Weise helfen zu können: „Also da bin ich richtig stolz drauf.“

Die moderne Sklaverei, die Schwester Lea aus der Dritten Welt kannte, war längst auch in Deutschland angekommen, das es mittlerweile zu der Umschreibung „Bordell Europas“ gebracht hat, wie Schwester Lea nicht ohne Verbitterung anmerkt. SOLWODI wurde aktiv. Die Frauenhilfsorganisation setzt sich dafür ein, dass der käufliche Sex verboten wird, so wie in Norwegen, Schweden oder Frankreich. Ein gesetzliches Verbot der Prostitution wäre ein Blickwechsel und würde die Sexkäufer zum Nachdenken bringen, sagt Schwester Lea.

„Gerechtigkeit und Heilen sind Voraussetzungen für friedliches Miteinander“

Wütend macht sie jedoch nicht nur, dass „die eine Hälfte die andere aufkaufen“ kann: Die soziale Ungleichheit ist eine Ungerechtigkeit, die sie – auch in Zukunft – nicht tatenlos mit ansehen kann. Unverantwortlicher und ungeteilter Reichtum ist für sie verbrecherisch. „Wissen Sie, ich finde es so schrecklich, dass sich die Schere zwischen reich und arm so auseinander bewegt. Und das bringt Unfrieden, das bringt Krieg, das bringt Revolte. Und ich finde es so gut, wenn die Reichen, die ihren Reichtum ja nicht immer vom Himmel zugesprochen bekamen, sondern auch manchmal vielleicht auf krummen Wegen erreicht haben oder durch Erbschaft und durch Tradition und so weiter, wenn die auf den Drücker kommen und sagen: Wir geben ab. Wir tun alles, dass die Armen ermächtigt werden, sich für ihre Rechte einzusetzen. Das ist ganz wichtig. Und dass die Schere nicht weiter auseinandergeht. Das ist mir ein ganz großes Anliegen. Ich finde, das größte Verbrechen heute ist die Ansammlung von Reichtum bei einigen wenigen - und die anderen gehen leer aus und können nicht einmal ihr Leben gestalten. Und deshalb gibt es auch die Kriege. Und da wünsche ich mir sehr stark einen Wandel, und dafür werde ich mich immer einsetzen, denn so geht das nicht weiter. Gerechtigkeit und Heilen, das sind die Voraussetzungen für ein friedliches Miteinander.“

Das Miteinander in Frieden liegt auch Papst Franziskus am Herzen. Und da er sich auch schon seit langem gegen den Menschenhandel einsetzt, ist es Schwester Lea ein Anliegen, auf den Dokumentarfilm „Schleuser, Schurken und der Papst“ von Jürgen Erbacher zu verweisen, der im Dezember 2016 im ZDF gezeigt wurde. Darin sei auch SOLWODI erwähnt und vorgestellt, merkt die Gründerin des Hilfswerks an. 

Schwester Lea ist froh darüber, dass Gott ihr einen Weg gezeigt hat, sich für seine „chancenlosen Töchter“ einzusetzen – als Ordensfrau. Dass ihr Geburtstag seit 80 Jahren auf das Fest der Darstellung des Herrn fällt, war für sie - wie sie uns noch verrät - immer von Bedeutung.

 „Ich war eigentlich immer sehr stolz, an diesem Tag geboren zu sein. Maria brachte Jesus und den Tempel und dort ist eine Prophetin Hanna. Die wird zwar nicht oft erwähnt, aber ich freue mich, dass zwei Frauen so prominent sind an diesem Tag.“

(rv 31.01.2017 jg)








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