2017-01-24 12:00:00

Papst an Medien: Hoffnung verbreiten


„Fürchte dich nicht, dann ich bin mit dir (Jes 43,5)": Hier finden Sie den Text der Papstbotschaft zum Welttag der Kommunikation im vollen Wortlaut.

Dank des technischen Fortschritts hat sich der Zugang zu den Kommunikationsmitteln so entwickelt, dass sehr viele Menschen die Möglichkeit haben, augenblicklich Nachrichten zu teilen und sie flächendeckend zu verbreiten. Diese Nachrichten können gut oder schlecht sein, wahr oder falsch. Schon unsere Vorväter im Glauben sprachen vom menschlichen Geist als einer Mühle, die vom Wasser bewegt niemals aufhört, sich zu bewegen. Wessen Aufgabe aber das Mahlen ist, der hat die Möglichkeit zu entscheiden, ob Korn oder Zwietracht gemahlen wird.

Der Geist des Menschen ist immer aktiv und kann nicht aufhören, das zu „mahlen“, was er aufnimmt, aber es ist an uns zu entscheiden, welches Material wir dazu liefern (vgl. Johannes Cassian, Brief an den Bischof Leontius).

Mein Anliegen ist es, dass diese Botschaft all diejenigen erreicht, die entweder im Beruf oder in den persönlichen Beziehungen jeden Tag viele Nachrichten „mahlen“, um ein wohlriechendes und gutes Brot denen anzubieten, die sich von den Früchten ihrer Kommunikation ernähren. Ich möchte alle zu einer konstruktiven Kommunikation aufrufen, welche Vorurteile über den anderen zurückweist und eine Kultur des Begegnung befördert, dank derer wir lernen können, die Wirklichkeit mit bewusstem Vertrauen anzuschauen.

 

Ich glaube, dass es nötig ist, den Teufelskreis der Angst zu durchbrechen und die Spirale der Furcht aufzuhalten, die das Ergebnis der Angewohnheit ist, seine Aufmerksamkeit ganz von „schlechte Nachrichten“ einnehmen zu lassen (Krieg, Terror, Skandale und jedwede Art des menschlichen Scheiterns). Natürlich geht es nicht darum, Falschinformationen zu fördern, wobei das Drama des Leidens ignoriert wird, und genauso wenig darum, in einen naiven Optimismus zu verfallen, der sich nicht von den Skandalen des Übels anrühren lässt. Ich wünsche mir im Gegenteil, dass wir alle das Gefühl des Unmuts und der Resignation überwinden, die uns oft genug packen, in Apathie versetzen und die Angst oder den Eindruck erzeugen, dass dem Übel keine Grenzen gesetzt sind. Im Übrigen herrscht in einem System von Kommunikation, wo die Logik bestimmt, dass eine gute Nachricht nicht genommen wird und deswegen auch gar keine Nachricht wird, und wo das Drama des Schmerzes und das Geheimnis des Bösen leichthin zu einem Schauspiel werden, die Versuchung der Betäubung des Gewissens und des Abgleitens in die Hoffnungslosigkeit.

 

Deswegen möchte ich einen Beitrag für die Suche nach einem Kommunikationsstil anbieten, der offen und kreativ ist, der niemals bereit ist, dem Bösen die Rolle des Hauptdarstellers zuzugestehen, sondern der der Licht auf mögliche Lösungen wirft und der dadurch bei den Menschen, die durch diese Nachrichten erreicht werden, eine positive und verantwortungsvolle Herangehensweise inspiriert. Ich möchte alle dazu einladen, den Frauen und Männern unserer Zeit Narrative anzubieten, die von der Logik der „guten Nachricht“ gekennzeichnet sind.

 

Die gute Nachricht

 

Das menschliche Leben ist keine aseptische Abfolge von Ereignissen, sondern eine Geschichte, und zwar eine Geschichte, die erzählt werden will durch einen Deutungsschlüssel, der die wichtigsten Dinge auswählen und sammeln kann. Die Wirklichkeit hat in sich selbst keine eindeutige Bedeutung. Alles hängt von dem Blick ab, mit dem sie eingefangen wird, von der „Brille“, die wir wählen um sie zu sehen: Wenn wir die Brille wechseln, erscheint auch die Wirklichkeit anders. Wo können wir also beginnen, um die Wirklichkeit mit der richtigen „Brille“ zu sehen?

 

„Für uns Christen kann die rechte Brille, um die Wirklichkeit zu entschlüsseln, nur die gute Nachricht sein, die mit der guten Nachricht schlechthin beginnt: der Frohen Botschaft, dem ‚Evangelium von Jesus Christus, Sohn Gottes’ (Mk 1,1)". Mit diesen Worten beginnt der Evangelist Markus seinen Bericht: mit der Verkündigung der guten Nachricht, bei der es um Jesus geht, die aber mehr ist als nur Information über Jesus, sondern vielmehr Frohe Botschaft, die Jesus selbst ist. Wenn man das Evangelium liest, erkennt man nämlich, dass der Titel dieses Werkes seinem Inhalt entspricht - vor allem aber, dass dieser Inhalt die Person Jesu selbst ist!

 

Diese gute Nachricht und Frohe Botschaft, die Jesus selber ist, ist nicht deswegen gut, weil es in ihr kein Leiden gibt, sondern weil auch das Leiden in einem weiteren Horizont erlebt wird, als integraler Teil seiner Liebe zum Vater und zur Menschheit. In Christus ist Gott solidarisch mit jeder menschlichen Situation und er offenbart, dass wir nicht alleine sind, weil wir einen Vater haben, der seine Kinder niemals vergessen kann. „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir“ (Jesaja

43,5): Das ist das tröstende Wort eines Gottes, der sich schon immer in die Geschichte seines Volkes eingebracht hat. In seinem geliebten Sohn kommt dieses Versprechen Gottes - „ich bin mit dir“ - zu uns und nimmt unsere ganze Schwachheit bis hin zu unserem Tod an. In Ihm werden auch die Dunkelheit und der Tod Ort der Gemeinschaft mit dem Licht und dem Leben. So wächst eine Hoffnung, die zugänglich für alle ist, und zwar genau dort, wo das Leben die Bitterkeit des Scheiterns erfährt. Es ist eine Hoffnung, die nicht trügt, denn die Liebe Gottes „ist ausgegossen in unseren Herzen“ (Röm 5,5) und lässt neues Leben keimen aus dem Samenkorn, das in die Erde fällt. In diesem Licht wird aus jedem neuen Drama, das in der Geschichte der Welt geschieht, auch ein Geschehen einer möglichen guten Nachricht, von dem Augenblick an, in dem die Liebe den Weg der Nähe geht und Herzen entflammt, die sich anrühren lassen, die sich nicht einschüchtern lassen, Hände, die bereit sind aufzubauen.

 

Die Zuversicht auf das Samenkorn des Reiches

 

Um seinen Jüngern und der Menschenmenge diese evangeliumsgemäße Mentalität nahe zu bringen und ihnen die richtige „Brille“ zu geben, mit der man sich der Logik der Liebe, die stirbt und aufersteht, nähern kann, bedient sich Jesus Gleichnisse. In ihnen wird das das Reich Gottes oft mit einem Samenkorn verglichen, das seine Lebenskraft genau dann entfaltet, wenn es in die Erde fällt und stirbt (Mk 4, 1-34). Auf Metaphern und Bilder zurückzugreifen, um die demütige Macht des Reiches zu zeigen, bedeutet nicht, ihre Wichtigkeit oder Dringlichkeit herunter zu spielen. Es ist eine barmherzige Weise, die dem Hörer den Freiraum lässt, sie anzunehmen und selber weiter zu geben. Darüber hinaus ist es der privilegierte Weg, um die unermessliche Würde des österlichen Geheimnisses auszudrücken, denn es sind die Bilder - mehr als die Konzepte - welche die paradoxe Schönheit des neuen Lebens in Christus weitergeben. Es ist ein neues Leben, wo die Feindlichkeit und das Kreuz die Rettung durch Gott nicht zunichte machen, sondern wirklich werden lassen, wo die Schwachheit stärker ist als jede menschliche Stärke, wo das Scheitern das Vorspiel der viel größeren Erfüllung aller Dinge in der Liebe sein kann. Genau so reift und vertieft sich die Hoffnung auf das Reich Gottes: „Wie ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst“ (Mk 4, 26.27).

 

Das Reich Gottes ist schon mitten unter uns, wie ein Samenkorn, das dem oberflächlichen Blick verborgen ist und dessen Wachsen in der Stille geschieht. Wer Augen hat, die vom Heiligen Geist gereinigt sind, sieht es keimen und lässt sich die Freude des Reiches durch die allgegenwärtige Zwietracht nicht nehmen.

 

Die Horizonte des Geistes

 

Die Hoffnung gründet auf der guten Nachricht, der Frohen Botschaft die Jesus ist. Sie lässt uns den Blick erheben und ermuntert uns, ihn im liturgischen Rahmen des Festes der Himmelfahrt zu sehen. Es scheint, dass sich der Herr von uns entfernt, aber in Wirklichkeit weiten sich die Horizonte der Hoffnung. Tatsächlich hat jede Frau und jeder Mann in Christus, der unsere Menschlichkeit zum Himmel erhebt, die volle Freiheit, „durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzutreten. Er hat uns den neuen und lebendigen Weg erschlossen durch den Vorhang hindurch, das heißt durch sein Fleisch“ (Hebr 10, 19-20). Durch die „Kraft des Heiligen Geistes“ können wir „Zeugen“ sein und Künder einer neuen erlösten Menschheit, „bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1, 7-8).

 

Das Vertrauen in das Samenkorn des Reiches Gottes und die Logik des Osterfestes muss auch unsere Weise der Kommunikation prägen. Es ist dieses Vertrauen, das uns fähig macht, in den verschiedensten Formen der Kommunikation heute zu arbeiten, in der Überzeugung, dass es möglich ist die gute Nachricht, die Frohe Botschaft zu entdecken und sichtbar zu machen, in der Wirklichkeit jeder einzelnen Geschichte und im Antlitz jedes Menschen.

 

Wer sich glaubend vom Heiligen Geist leiten lässt, wird fähig, in jedem Ereignis das zu unterscheiden, was zwischen Gott und der Menschheit geschieht und wie Er selbst im Drama dieser Welt die Handlung der Geschichte des Heiles schreibt. Der Faden, mit dem diese heilige Geschichte und die Hoffnung gewebt sind, wie auch ihr Weber sind nichts anderes als der Geist, der tröstet. Die Hoffnung ist die demütigste aller Tugenden, weil sie verborgen bleibt in den Falten des Lebens. Aber sie ist der Hefe gleich, die den gesamten Teig durchsäuert. Wir nähren sie, indem wir immer von neuem die Frohe Botschaft lesen, das Evangelium, welches immer wieder neu in den Leben der Heiligen „ausgedruckt“ wurde, der Frauen und Männer, die zu Ikonen der Liebe Gottes wurden. Auch heute sät der Geist in uns die Sehnsucht nach dem

Reich: durch lebendige „Kanäle“, durch die Menschen, die sich von der Frohen Botschaft inmitten des Dramas der Menschheit leiten lassen und die wie Leuchttürme im Dunkel dieser Welt sind, die den Kurs erleuchten und neue Wege des Vertrauens und der Hoffnung öffnen.

Aus dem Vatikan, 24. Januar 2017

 

(rv 24.01.2017 ord)








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