2017-01-16 14:41:00

Syrien: Es wird weitergekämpft in Aleppo


Aleppo kommt auch nach seiner blutigen Befreiung nicht zur Ruhe: Trotz der vereinbarten Waffenruhe zwischen Russland, Iran, Türkei und Syrien gehen die Kämpfe in der Millionenstadt weiter. Das bestätigt gegenüber Radio Vatikan die Geschäftsführerin des deutschen Zweiges des katholischen Hilfswerkes „Kirche in Not“, Karin Maria Fenbert. Sie war vergangene Woche in Aleppo und hat dort Bischöfe und andere Christen getroffen.

„Nicht alles ist zerstört in Aleppo: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Ost- und dem Westteil. In Aleppo haben vor dem Krieg fünf Millionen Menschen gelebt, jetzt sind es noch maximal zwei Millionen“, sagt uns Fenbert. Sie erinnert daran, dass im Ostteil vor allem die Rebellen, die gegen Baschir al-Assads Regime kämpfen, das Sagen hatten. „Es gibt im Ostteil verschiedene Grade der Zerstörungen. Ganz stark betroffen ist ein Stadtteil, in dem ein ehemaliges Zentrum der Jesuiten lag. Da gibt es ganz schreckliche Bilder.“ Im Westen Aleppos hingegen leiden die Menschen vor allem unter den Bombendetonationen. „Hier sprechen die Leute von bis zu hundert Detonationen pro Nacht“, so Fenbert. „Viele Fensterscheiben sind deshalb kaputt gegangen.“

Die Geschäftsführerin von „Kirche in Not“ hat während ihres Aufenthalts in Aleppo in zwei verschiedenen Unterkünften gewohnt. Da habe sie gemerkt, wie wichtig intakte Fensterscheiben seien. „Denn nicht nur, dass es dort recht kalt ist um den Gefrierpunkt, sondern es gibt auch fast keine Heizmöglichkeiten, da die Ölförderungen in Syrien gedrosselt werden. Heizöl ist teuer.“ Auch sei das Überleben schwieriger geworden, seit das Elektrizitätswerk der Stadt bombardiert wurde. Immerhin hätten viele Menschen im Westteil Stromgeneratoren.

Internet als einzige Infoquelle

„Die meisten Häuser in Aleppo sind mehrgeschossig, aber die Aufzüge funktionieren nicht. Man muss also unbedingt mit Taschenlampen herumlaufen“, so Fenbert. „Ein Arzt, der in den 80er Jahren in Deutschland gelebt hat und perfekt Deutsch spricht, erzählte mir, dass es mittlerweile keine Bücher und Zeitungen in Aleppo mehr gibt. Er informiere sich ausschließlich über das Internet, und dazu braucht es ja auch Strom“, sagt Fenbert.

„Kirche in Not“ arbeitet mit anderen Hilfswerken und Organisationen wie der Caritas, dem Hilfsdienst der Jesuiten sowie dem Roten Halbmond (Pendant zum Roten Kreuz) zusammen. „Es wird Schulausbildung gefördert, auch damit die Studiengänge an der Universität weiter gehen können. Die Uni-Gebäude schienen mir weitestgehend noch intakt zu sein. Es gibt natürlich viele betroffenen Ordensleute und Priester, die wir unterstützen. Ein wichtiges Anliegen von uns war, weil es viele verschiedene christliche Konfessionen gibt, eine einheitliche Hilfe unter den Hilfswerken auf die Beine zu stellen.“

Seit der Waffenruhe vom vergangenen 23. Dezember gebe es immerhin auch hoffnungsvolle Nachrichten. Sah man vorher fast keine Menschen auf der Straße, weil viele Angst vor Scharfschützen hatten, so trauten sich mittlerweile vermehrt Menschen in die Öffentlichkeit. „Von dieser Vereinbarung zwischen den Türken, Russen und Iranern sind nur zehn Prozent des Gebiets in Aleppo betroffen. In dem weiteren Teil, der 90 Prozent ausmacht, wird weitergekämpft - und das hört man auch.“

(rv 16.01.2017 mg)








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