2017-01-12 13:02:00

Österreich: „Ausgetretene sind nach wie vor gläubig!“


In Zeiten der Missbrauchs- und anderer Skandale, die die katholische Kirche erschütterten, sind Kirchenaustritte nicht unbedingt als ideologisch motiviert zu betrachten – vielmehr sind es oft Probleme mit der Institution, die die Menschen zu diesem Schritt bewegen. Das sagte bei einem Podiumsgespräch zum Thema „Comeback nach dem Austritt“ in Wien der Dompfarrer der Stadt, Toni Faber. Er habe in 25 Jahren die Erfahrung gemacht, dass Ausgetretene eher Kirchensympathisanten und weiterhin gläubig seien, so dass der Einzelfall differenziert betrachtet werden müsse. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass Wiedereintritte gerade dieser Personen ohne weiteres möglich sind.

„Wenn ich daran denke, dass ich vor ein paar Tagen einem seit Jahren ausgetretenen Katholiken begegnet bin, ein vielfacher Vater, der mit mir gerungen hat, was ist die richtige Entscheidung für die zukünftige Familie, der hatte mir gesagt: Ich bin zu 100 Prozent deines Glaubens, nur mit der Kirche eben nicht.“ Derartige Erlebnisse habe er oft, so der Wiener Pfarrer. „Ich stelle eher die Behauptung auf, dass von diesen 30 Prozent ohne religiöses Bekenntnis in Wien, sowie von den fast 55.000 Menschen, die die Kirche auch im vergangenen Jahr verlassen haben, etwa nur zu 0,1 Prozent Atheisten sind, und alle anderen einen Glauben haben, den sie in einer bestimmten biographischen Situation anders fassen wollen, als das die katholische Kirche in Zeiten des Missbrauchs und der anderen Skandale gemacht hat.“

Es heiße, Signale dafür zu senden, dass die Kirchengemeinde keine geschlossene Gruppe sei, die auch aufgrund der Kirchenaustritte jedes Jahr immer kleiner werde, bis sie irgendwann aussterbe, so Pfarrer Faber. „Die Wiedereintretenden sind hier ein wertvolles Hoffnungszeichen dafür, dass diese Kirche in einer sich ändernden Situation einen ganz wesentlichen Beitrag für mein gelingendes Leben leistet - und ich wiederum bin dazu berufen, durch mein Mitgliedsein in der Kirche auch für die Gesamtgesellschaft einen Beitrag zu leisten.“ Die Kirche sei von daher gefordert, auf diese Menschen zuzugehen und sie willkommen zu heißen, wie es Papst Franziskus selbst vorlebe.

Anlass für die Diskussion war die am Dienstag veröffentlichte Kirchenstatistik. Mit 54.886 Kirchenaustritten in Österreich gab es 2016 einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 56.599 Kirchenaustritten. Gleichzeitig ist die Zahl der Wiedereintritte leicht gestiegen auf 5.265 (2015: 5.064).

(kap 12.01.2017 cs)








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