2017-01-06 11:52:00

Ägypten: Kopten feiern Weihnachten im Schatten des Terrors


Im Schatten des jüngsten Bombenattentats auf eine Kirche in Kairo steht in diesem Jahr das Weihnachtsfest der koptischen Christen in Ägypten. Die koptisch-orthodoxe Kirche feiert nach dem Julianischen Kalender und damit am 6. Januar den Heiligen Abend und am 7. Januar Weihnachten. Koptenpapst-Patriarch Tawadros II. wird die großen Weihnachtsliturgien in der Kairoer Markuskathedrale leiten. In den vergangenen beiden Jahren nahm Präsident Abdel Fattah al-Sisi als erster ägyptischer Staatschef an der Liturgie am Heiligen Abend teil. Laut Angaben der Agentur „Aina“ wird er auch am Freitagabend in der Kathedrale erwartet, offiziell bestätigt ist dies jedoch bisher nicht.

Der koptisch-katholische Bischof von Gizeh, Antonios Aziz Mina, spricht von einer „Märtyrer-Kirche“, die sich aber nicht geschlagen gibt. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert er, wie die Katholiken – die innerhalb der Christenminderheit wiederum eine eigene Minderheit bilden – das Christfest im Schatten des Terrors feiern.

Es herrscht Verbitterung

„Alles verläuft derzeit ruhig. Es herrscht aber Verbitterung für die Anschläge, bei denen die christlichen Märtyrer vor einem Monat ihr Leben verloren haben“, so Bischof Aziz Mina. Am vergangenen 11. Dezember starben bei einem Attentat bei der koptischen Kathedrale in Kairo 27 Menschen. Die islamistische Terrormiliz IS bekannte sich zu dem Attentat. Am Mittwoch gab die ägyptische Polizei bekannt, dass man weitere Verdächtige festgenommen habe, darunter einen mutmaßlichen Drahtzieher des Anschlags.

Solche Gewaltakte würden die derzeitige ägyptische Gesellschaft stark prägen, so der katholisch-koptische Bischof weiter. „Die Anschläge sind insgesamt weniger geworden als früher, aber es herrscht heute vielleicht mehr Angst und das ist das schlimme am Ganzen. Vor 30 oder 40 Jahren wurden die ersten Samen des heutigen islamistischen Terrors gesät, jetzt sehen wir, welche Früchte gewachsen sind. Sie akzeptieren nur ihr eigenes Weltbild und gewähren keine weitere Ideen“, erläutert Bischof Aziz Mina. Deshalb sei das Leben in Ägypten heute nicht nur für Christen sondern vor allem für die Muslime schwieriger geworden.

„Doch die Weihnachtsbotschaft sagt uns etwas anderes: hasst niemanden, denn wenn wir hassen, dann haben die anderen gewonnen. Weihnachten ist eine Botschaft der Liebe und des Friedens. Wir müssen also zuerst den Frieden in unseren Seelen finden, um es den Mitmenschen weiter reichen zu können“, fügt der Bischof an.

Bischof: „Trauer und Angst“

Unter allen Christen in Ägypten seien nach dem Anschlag im Dezember Trauer und Angst groß, sagte der koptisch-katholische Bischof Kyrillos William Samaan in einem von der Organisation „Kirche in Not“ veröffentlichten Interview. Gleichzeitig erlebe man viel Gottvertrauen und Stärke. „Wie schon bei vorhergehenden Anschlägen ist es auch diesmal so: Wenn Terror verübt wird, um Menschen vom Gottesdienst abzuhalten, kommen noch mehr als sonst“, so der Bischof.

Unter den überwiegend muslimischen Einwohnern im 90-Millionen-Staat Ägypten leben unterschiedlichen Angaben zufolge bis zu zehn Millionen Christen. Seit Ende 2010 waren ihre Kirchen wiederholt Ziel von Anschlägen islamistischer Extremisten. Der weitaus größte Teil der koptischen Christen in Ägypten gehört der koptisch-orthodoxen Kirche an. Es gibt aber auch rund 200.000 Gläubige der koptisch-katholischen Kirche, einer mit Rom unierten orientalischen Kirche.

(rv/kna/pm 06.01.2017 mg)








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