2016-12-28 10:28:00

Algerien: Lebendige Kirche an der Peripherie


Der Papst schickt einen französischen Jesuiten nach Algier: Der 72-jährige Paul Desfarges wird neuer Erzbischof von Algeriens Hauptstadt. Er kennt das Land gut; seit vierzig Jahren lebt er dort, hat u.a. auf Arabisch Psychologie unterrichtet und war zuletzt - als ferner Nachfolger des hl. Kirchenlehrers Augustinus - Bischof von Constantine-Hippone.

Algeriens Christen sind eine verschwindend kleine Minderheit, seit der Islam im 7. Jahrhundert Nordafrika überrannte. „Das ist eine Herausforderung und gleichzeitig eine Gnade“, sagt uns Desfarges zu seiner Versetzung in die Hauptstadt. „Wir haben im Alltag gute Beziehungen zu den Muslimen, ich könnte jeden Tag darüber staunen. Wir arbeiten zusammen, es gibt sogar Freundschaften. Wir glauben an das Zusammenleben, weil wir es täglich praktizieren, das kostet uns gar keine Anstrengung. Der Papst hat uns bei unserem letzten ad-limina-Besuch gesagt: Seid Zeugen der Liebe Christi – und genau das tun wir. Das Apostolat der Güte, hätte Charles de Foucauld gesagt. Natürlich gibt es Schwierigkeiten, aber das gehört zum Leben dazu. Natürlich sind wir im Moment besonders besorgt, das stimmt schon. Aber unser Alltag besteht aus der Begegnung zwischen Menschen. Unsere Berufung ist es, Kirche für alle zu sein, eine Kirche der brüderlichen Begegnung mit allen.“

Man könnte das für Rhetorik halten. Es ist aber keine. Algeriens Christen sind durch das Feuer gegangen: Während des Bürgerkriegs in den neunziger Jahren wurden sie zur Zielscheibe von fanatisierten Muslimen. 1996 wurde der Bischof von Oran, Pierre Clavérie, ermordet; im selben Jahr starben mehrere Ordensfrauen und die sieben Trappistenmönche von Tibhérine. Algeriens Kirche ist eine Kirche der Märtyrer. Und eine, die in vielen verschiedenen Zungen redet.

Eine Kirche der Märtyrer

„Was ich jetzt sage, bezieht sich vor allem auf die Stadt Constantine: Da gibt es viele katholische Studenten aus subsaharischen Ländern, außerdem viele Arbeiter und Diplomaten aus verschiedenen Ländern. Das macht uns zu einer sehr internationalen Kirche. Außerdem sind wir eine Kirche des Dienens, mit vielen Dienstleistungen für die Menschen: Schulen, Bibliotheken, Ausbildung, Krankenstationen. Wir haben eine große Dynamik.“

Desfarges freut sich schon darauf, diese Vielfalt jetzt noch besser kennenzulernen – von Algier aus, der Stadt, über der sich seit Kolonialzeiten die Basilika Unserer Lieben Frau von Afrika erhebt. „Der Papst spricht ja immer von den Peripherien, und wir sind an so einer Peripherie: ein Bruchpunkt, wie Bischof Clavérie sagte. Das ist unser Ort. Und dabei sind wir gar nicht die einzigen, die Barmherzigkeit nach links und rechts praktizieren, sondern wir sind Zeugen dafür, wie herzlich uns unsere muslimischen Brüder und Schwestern aufnehmen, wie sehr auch sie auf Dialog und Begegnung aus sind. Am Heiligen Abend zum Beispiel sind viele muslimische Freunde in die Pfarreien gegangen, einfach um zu sehen, wie wir Christen beten. Auch das ist eine Art und Weise, sich besser kennenzulernen. Und darüber sind wir sehr glücklich! In einer Welt, in der die Spannungen zwischen Christen und Muslimen immer mehr zuzunehmen scheinen, gibt es einen Ort, wo man es auch anders erlebt...“

(rv 28.12.2016 sk)








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