2016-12-20 10:11:00

Gedächtniskirche: „Nicht ins Schneckenhaus verkriechen“


Er war Zeuge der Mordnacht von Berlin: Anselm Lange ist der Vorsitzende der Gedächtniskirchengemeinde. Die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erhebt sich, an die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs mahnend, in unmittelbarer Nähe des Breitscheidplatzes, wo am Montag der Terror zugeschlagen hat.

Zu Focus TV sagte Lange: „Wenn man sich vergegenwärtigt, dass dies ja nicht irgendein Platz ist, sondern der zentrale Platz der City-West mit einem zerstörten Kirchturm darauf, der genau dies ausdrücken soll, international: dass hier ein Ort des Friedens, der Versöhnung, des friedlichen Zusammenlebens ist… und zumal ein Weihnachtsmarkt, wo Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet und aus der Welt hierherkommen, um genau diesen Geist der Freundschaft, der Familie, des geselligen Beisammenseins zu zelebrieren…“

Hätte man die Katastrophe vielleicht verhindern können, durch mehr Sicherheitsmaßnahmen? Schließlich hat es ja schon 2014 islamistische Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Frankreich gegeben. Doch Lange sagt: „Wir beschäftigen uns im Gemeindekirchenrat seit mindestens zwei Jahren intensiv mit Sicherheitsfragen, denn dies ist nun mal der Ort, der er ist. Ein Ort, der auch Offenheit ausstrahlen soll. Eine Kirche muss offen sein, sie soll die Hand ausstrecken! Diesen Platz wird man nicht so schützen können, wie man es vielleicht müsste, aber das Opfer wäre dann der Geist. Und vielleicht ist das neben meinen Gedanken für die Opfer und die Angehörigen mein zweiter Gedanke, dass wir trotz schrecklicher Ereignisse uns diesen Geist der Offenheit, des aufeinander-Zugehens, des friedlichen Beisammenseins erhalten.“

An diesem Dienstagabend wird in der Gedächtniskirche ein Gottesdienst für die Opfer der Mordnacht stattfinden. Lange plädiert mit Verve für ein Offenhalten der Kirche: „Es wäre das falsche Zeichen, wenn man sich in sein Schneckenhaus verkriechen würde! So ist Kirche nicht, so darf sie auch nicht sein. Wir dürfen unsere öffentlichen und offenen Orte, wie dieser Breitscheidplatz einer ist, auch nicht ausliefern – wir müssen uns diesen Geist bewahren.“

(focus.tv 20.12.2016 sk)








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