Ukraine/Russland: „Wir hassen unsere Feinde nicht“

Die russische Aggression in der Ostukraine und das Abkommen mit der EU haben nicht direkt mit dem Glauben zu tun, doch beides hat bei der ukrainischen Bevölkerung das Engagement in der Kirche verstärkt und den christlichen Glauben im ganzen Land gefördert. Diese überraschende Zwischenbilanz zieht im Gespräch mit Radio Vatikan der ranghöchste Katholik in der Ukraine, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk.

„Wir hassen unsere Feinde nicht“, so das Oberhaupt der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche. Schewtschuk bezieht sich auf jene russische Soldaten und Politiker, die seit zwei Jahren im Donbass – und zuvor auf der annektierten Krim – aktiv waren und „weiterhin sind“, so der Großerzbischof von Kiew-Halytsch. Er ist in diesen Tagen in Rom unterwegs, um an einigen Konferenzen teilzunehmen, doch bei allen Auftritten erinnert er an das Leid der ukrainischen Bevölkerung und die Millionen von Binnenflüchtlingen. UNO-Schätzungen zufolge sind 10.000 Menschen seit Beginn des Kriegs im Donbass 2014 ums Leben gekommen.

„Viele Ukrainer, die im Ausland leben, unterstützen ihre Mitbürger, die direkt vom Krieg betroffen sind. Sie sehen, dass die Politiker und Diplomaten nicht viel erreichen, und der Krieg weiter geht. Das hat aber auch dazu geführt, dass viele die Antworten auf ihre Fragen rund um den Krieg in der Bibel suchen. Das hat zu einem Wiedererstarken des Glaubens geführt.“

Schwetschuk, der kein Blatt vor dem Mund nimmt, spricht auch ganz direkt über die Aggressoren, die im Donbass kämpfen und jene, die diese Kämpfer dort hinschicken. „Das sind moderne Aggressoren, die eine Welt nach ihrem Gutdünken schaffen wollen und diese ihren geopolitischen Interessen anpassen. Sie möchten uns – und nicht nur uns Ukrainern, sondern allen Europäern – etwas aufdrängen und nutzen dafür zwei extrem gefährliche Mittel: Angst und Hass… Als Christen können wir aber darauf antworten und sagen: Wir haben keine Angst! Wir hassen nicht, wir lieben.“

(rv 19.12.2016 mg)