2016-12-19 14:52:00

Kongo auf der Kippe - doch die Bischöfe vermitteln


Die Uhr tickt: An diesem Montag endet die Amtszeit von Kongos Präsident Joseph Kabila. Nur dass der 45-Jährige keine Anstalten macht, zu gehen. Er will sich für eine dritte Amtszeit wiederwählen lassen – was die Verfassung verbietet. Kongos Bischöfe vermitteln bei einem nationalen Dialog, bei dem es Kabila vor allem darum zu gehen scheint, Zeit zu schinden. An diesem Montag kam die Spitze der kongolesischen Bischofskonferenz in den Vatikan: Erzbischof Marcel Utembi Tapa von Kisangani und Erzbischof Fridolin Ambongo Besungu von Mbandaka-Bikoro berieten sich mit Papst Franziskus. Der hatte im September übrigens auch Kabila selbst empfangen.

„Die Lage in der Demokratischen Republik Kongo ist sehr komplex“, erklärt uns der kongolesische Jesuit Jean-Pierre Bodjoko, der das französischsprachige Afrikaprogramm von Radio Vatikan leitet. Er hat mit Erzbischof Utembi Tapa nach dessen Papstaudienz gesprochen. „Wir haben einen Präsidenten, der aus dem Amt scheidet, ohne dass Neuwahlen organisiert worden wären; wir haben einen ersten Dialog zwischen Regierungspartei und einem Teil der Opposition erlebt, bei dem ein großer Teil der Opposition außen vor geblieben ist; und wir haben Druck von der internationalen Gemeinschaft und der kongolesischen Bevölkerung selbst, die auf einem wirklich umfassenden Dialog bestehen.“

Seit fast 16 Jahren ist Joseph Kabila Präsident in Afrikas größtem Flächenstaat. Er folgte auf seinen Vater Laurent-Désiré Kabila, der 2001 ermordet wurde. Eigentlich hatte der eher scheue Joseph Kabila das höchste Amt im Staat gar nicht angestrebt; doch einmal an der Macht sind er und seine Familie, wenn man einer Recherche der „New York Times“ glaubt, so korrupt geworden, dass dem erst 45-Jährigen nun der Rückweg in ein „normales“ Leben versperrt ist. Er muss buchstäblich an der Macht bleiben, um nicht vor Gericht gezerrt zu werden. Keine guten Vorbedingungen, um einen Machtwechsel im „Palais de la Nation“ in Kinshasa zu organisieren.

„Die Bischöfe hielten es für nötig, den Dialog anders aufzuziehen – mit den bisherigen Dialogpartnern aus Regierungspartei und Opposition, aber unter Einbeziehung des nicht berücksichtigten Teils der Opposition, dem sogenannten Rassemblement. Und das versuchen die Bischöfe gerade zustande zu bringen“, erklärt Pater Bodjoko. „Sie suchen einen Kompromiss in der Frage, wie das Land ab diesem Montag, der das Ende von Kabilas Mandat markiert, gesteuert werden soll, und sie arbeiten darauf hin, dass Wahlen angesetzt werden. Die Debatte ist gerade erst losgegangen. Sie war eigentlich nur für drei Tage angesetzt, aber die Bischöfe finden, dass so wichtige Themen für das Land nicht in so kurzer Zeit abgehandelt werden können.“

Etwa die Hälfte der 77,5 Millionen Kongolesen sind katholisch. Die Kirche gilt als allseits respektierte, ausgleichende Kraft im Land. Den ersten Dialog hatten die Bischöfe boykottiert, den jetzigen wollen sie unbedingt zu einem Erfolg machen. „Weil die Bischöfe nach Rom gereist sind, haben sie die Arbeiten des nationalen Dialogs ausgesetzt; am Mittwoch wollen sie die Gespräche fortsetzen. Sie hoffen, dass die Politiker sich darüber einig werden, wie das Land in dieser Übergangsphase bis zu Neuwahlen gelenkt werden kann – um Gewalt zu verhindern.“

Groß ist die Sorge, dass die Unruhe im Kongo sich in Gewalt Bahn brechen könnte. Die Geschichte des an Bodenschätzen reichen Landes ist ausgesprochen blutig. „Man vergisst immer, dass es im Kongo nicht nur Machthaber und Opposition gibt, sondern auch die Bevölkerung! Vor allem die jungen Leute sagen: Wir sind auch noch da, und wir haben die Nase voll – keine Arbeit, keine Aussichten, keine funktionierende Wirtschaft. Wir wollen nicht Opfer der Politiker sein, sondern wir wollen eine Revolution, damit sich die Dinge ändern und jemand, der am Ende seines Mandats ist, nach Hause geht!“

Pater Jean-Pierre Bodjoko hofft wie die Bischöfe des Kongo auf eine friedliche, im Dialog erzielte Lösung. Aber er kann die Wut der Menschen auf der Straße durchaus nachvollziehen: „Wie kann man noch Respekt vor der Verfassung verlangen, wenn derjenige, der für den Schutz der Verfassung eigentlich zuständig ist, gegen sie handelt? Soll man den im Präsidentenpalast jetzt einfach weitermachen lassen? Wenn die Bischöfe zu einer Lösung beitragen könnten, dann wäre das wirklich gut für das Land. Darum hat auch der Papst öffentlich dazu aufgerufen, diesen Dialog zu einem guten Ende zu führen.“

Franziskus hat am Sonntag beim Angelusgebet zu Ruhe und Besonnenheit im Kongo aufgerufen. Das Land brauche eine Lösung auf dem Verhandlungsweg, um Gewalt zu vermeiden, so der Papst.

(rv 19.12.2016 sk)








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