2016-12-13 14:07:00

Indonesien: Prozess gegen beliebten christlichen Politiker


In einem aufgeheizten Klima hat der Blasphemieprozess gegen den christlichen Gouverneur von Jakarta begonnen. Basuki Tjahaja Purnama beteuerte vor Gericht unter Tränen seine Unschuld: Es sei nicht seine Absicht gewesen, den Koran zu beleidigen, sagte der Angeklagte laut Medienberichten. Vor dem Gerichtsgebäude in Jakarta demonstrierten lautstark Befürworter und Gegner Purnamas. Die nächste Anhörung findet am 20. Dezember statt. Dem Politiker wird Blasphemie vorgeworfen, weil er in einer Wahlrede im September aus einer Koran-Sure zitiert und betont hatte, jeder indonesische Bürger habe das Recht, nichtmuslimische Politiker zu wählen.

Als Verteidigung argumentierte der christliche Politiker vor Gericht unter anderem mit seiner Familie. Der Adoptivsohn muslimischer Indonesier verwies auf sein liebevolles Verhältnis zu seinen Eltern. Dass er der Beleidigung des Islam angeklagt werde, mache ihn „sehr traurig“: „Das wäre dasselbe, als wenn ich meine Adoptiveltern und Geschwister beleidigen würde“, erklärte Purnama.

Der christliche Politiker gab sich den Berichten zufolge auch kämpferisch. So kritisierte er die politische Elite des Landes vor Gericht offen als „feige“ und machtbesessen und verwies auf ein Video, das den ehemaligen Präsidenten Indonesiens bei einer Kampagne gegen religiöse Minderheiten zeigt. Einem Bericht der Nachrichtenagentur asianews zufolge zeigt der Film Abdurrahman „Gus Dur“ Wahid, der bei einer Wahlkampfveranstaltung das Volk dazu aufruft, nur muslimische Politiker zu wählen. Die Richter wiesen Purnamas Bitte, das Video zu zeigen, vorerst ab.

Ein hochpolitischer Prozess

Dem chinesisch-stämmigen Politiker wird wegen einer kritischen Bemerkung im Wahlkampf Verunglimpfung des Koran vorgeworfen. Purnama gab den Berichten zufolge an, er habe mit seiner Kritik lediglich skrupellose politische Gegner treffen wollen, die Koransuren missbrauchten, um Wahlen in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Der unter dem Spitznamen „Ahok“ bekannte Gouverneur Jakartas kandidiert bei der Wahl im Februar 2017 für eine zweite Amtszeit. Vor einigen Monaten hatte er seine Widersacher von der Islamischen Verteidigungsfront (FPI) kritisiert, eine Passage aus dem Koran gegen ihn zu verwenden. Darin heißt es, Muslime sollten keine Bündnisse mit Juden oder Christen eingehen. Die islamistische FPI interpretiert dies als göttliches Verbot für Muslime, bei einer Wahl „einem Ungläubigen“ ihre Stimme zu geben. Mit zwei Massenkundgebungen in Jakarta forderte sie die Anklageerhebung gegen Purnama.

Prozessbeobachter bezweifeln, dass angesichts des öffentlichen Drucks ein faires Verfahren zu erwarten ist und stufen den Prozess im Kontext des laufenden Wahlkampfes als hochpolitisch ein. Indonesien ist das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt. Von 255 Millionen Einwohnern bekennen sich etwa 90 Prozent zum Islam.

(al jazeera/asianews/kna 13.12.2016 pr)








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