2016-12-09 09:21:00

Ruhiges Heiliges Jahr im Heiligen Land


Nun ist auch die Heilige Pforte in Nazareth geschlossen. Am Donnerstagabend wurde das Heilige Jahr im Heiligen Land mit einer Messe beendet. Der Gemeindepfarrer Mario da Silva hatte die Pforte beantragt, damit auch seine weniger als 200 Gemeindemitglieder das Heilige Jahr feiern können. Andernfalls wäre dies nicht möglich gewesen, sie kommen nämlich nicht aus dem Gazastreifen heraus. Üblicherweise ist der Ritus der Heiligen Pforte mit den vier Papstbasiliken in Rom verbunden. Papst Franziskus hatte jedoch gewünscht, dass möglichst viele Katholiken weltweit diese Frömmigkeitsübung vollziehen können. Wie sich das Heilige Land da eingereiht hat, erzählt Pater Nikodemus Schnabel im Interview mit Radio Vatikan. Er ist Prior-Administrator der Dormitio-Abtei in Jerusalem.

Nikodemus Schnabel: „Ich kann vor allem aus meiner Perspektive, der Perspektive des Seelsorgers, sprechen. Und auch aus Gesprächen mit vielen Priestern weiß ich, dass dieses spezielle Barmherzigkeitsjahr kein Jahr mit großer Action, Events oder Ereignissen war, sondern es war sehr stark in den Herzen der Menschen. Ich kann sagen, ich hatte sehr viele Beichtgespräche, mit sehr vielen Menschen Seelsorger-Gespräche, die durch das Heilige Jahr ermutigt wurden. Sie haben erzählt, dass das Heilige Jahr sie nicht kalt ließe. Menschen, die schwere Päckchen mit sich tragen, die sagen, es ist zwar schon lange her, aber die sagen, ich möchte dies oder jenes einfach mal vor Gott hinlegen und hoffe auf seine Barmherzigkeit. Für mich, gerade als Seelsorger an einem Pilgerort, war dieses Jahr ein unheimlich intensives Jahr. Die Botschaft der Barmherzigkeit ist in die Herzen der Menschen vorgedrungen, das kann ich hier aus dem Heiligen Land sagen. Und genau das ist auch das Geheimnis des Jahres.“

Radio Vatikan: Sie haben jetzt vor allem von Pilgern gesprochen. Haben sie auch bei den Menschen, die im Heiligen Land leben, etwas gemerkt, dass das Heilige Jahr in die Herzen vorgedrungen ist, wie sie es ausgedrückt haben.

Schnabel: „Natürlich, bei den Christen, die hier wohnen, war das auch spürbar. Das Thema „Barmherzigkeit Gottes“, das doch etwas in Vergessenheit und marginalisierte Thema, war wieder auf der Tagesordnung. Was es in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt gab, so hatten auch wir Predigtreihen, es kam in Fürbitten zur Sprache oder in Vorträgen. Aber ich glaube tatsächlich, dass die Ernte des Heiligen Jahres sehr verborgen ist. Das weiß ich auch von vielen anderen Priestern. Dieses Jahr ist unglaublich schlecht in Statistiken oder Events abbildbar, sondern das Thema hat die Menschen berührt. Gott steigt in die tiefsten Abgründe unseres Menschseins hinab als barmherziger Gott und es ist Hoffnung sowie Zukunft möglich. Ich bin zwar dem Beichtgeheimnis verpflichtet, kann aber sagen, das ist ein Jahr voller Beichtgespräche gewesen und die haben ihre Quelle und Ermutigung durch die Verkündigung des Heiligen Jahres. Deswegen bin ich auch sehr dankbar dafür.“

RV: Gab es einen Moment – was man auch unabhängig vom Beichtgeheimnis erzählen kann – der gezeigt hat, dass es für die Menschen nötig war, dass Franziskus das Heilige Jahr ausgerufen hat?

Schnabel: „Ja, da sind zum Beispiel Menschen zu mir gekommen, von denen ich es echt nicht gedacht hätte. Die gefragt haben, hast du mal Zeit, kann ich bei dir beichten? Da dachte ich dann wirklich ‚wow, der Bedarf ist da, die Menschen hungern danach’. Und das kann auch kein Psychiater oder guter Freund bieten. Diese Zusagen, du bist erlöst, es gibt Hoffnung, es gibt Zukunft. Das Jahr war einfach ein anderes als die anderen Jahre. Zum Beispiel beim Paulusjahr, da fällt mir sofort die Konferenz in der hebräischen Universität ein, wo ich vor lauter Juden gesprochen habe usw. Das Barmherzigkeits-Jahr war so ein ruhiges und stilles Jahr. Ich kann mich wirklich an kein spektakuläres Event erinnern. Dieses Jahr war von Gesprächen unter vier Augen geprägt, wofür ich sehr dankbar bin und so ist es auch in meinem Herzen hängen geblieben.“

(rv  09.12.2016 pdy)








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