2016-11-11 07:52:00

Bischof Elbs: Neuer Blick auf Ehe und Familie


„Begleiten“, „unterscheiden“, „integrieren“: Das sind die pastoralen Grundlinien, die der Feldkircher Bischof Benno Elbs von der vatikanischen Familiensynode 2015 mit zurück nach Österreich gebracht hat. Die drei Grundlinien sollen einen Kurs der offenen Türen in der kirchlichen Ehe- und Familienseelsorge markieren, schreibt Elbs in einem Buch mit dem Titel „Wo die Seele atmen lernt“. Der Feldkircher Bischof vertrat - gemeinsam mit Kardinal Schönborn - die katholische Kirche Österreichs bei der letzten Synode.

Aufgabe der Kirche sei es erstens, die Menschen in ihren jeweiligen konkreten Lebenssituationen wertschätzend zu begleiten. Der zweite wichtige Punkt nach dem „Begleiten“, den der Bischof im „Kathpress“-Interview nennt, ist das „Unterscheiden“ – eigentlich ein Begriff, der vom heiligen Ignatius von Loyola kommt. Er meint: Keine Pauschalurteile abgeben, sondern genau auf die einzelnen Fälle in ihrer Unterschiedlichkeit schauen. „Ob eine Familie in Syrien auf der Flucht ist oder in Wien lebt – das sind ganz unterschiedliche Situationen, und die muß man deshalb auch ganz unterschiedlich bewerten.“ Die menschlichen Lebenssituationen seien mit den Worten von Papst Franziskus „wunderbar komplex“, zitiert Bischof Elbs.

Und der dritte Punkt: „Integrieren“. „Das heißt: Es ist wichtig, Menschen nicht auszugrenzen, sondern in eine Gemeinschaft mit hineinzunehmen. Wir wissen aus der Glücksforschung, dass das Dazugehören etwas ganz Wichtiges ist, und es ist die Aufgabe der Kirche, Menschen, die durch eine schwierige Lebenssituation, vielleicht durch eine Krise, hinausgefallen sind aus der Gemeinschaft, wieder hineinzunehmen und ihnen mit Respekt zu begegnen.“

Diese drei Punkte gilt es nach Ansicht von Bischof Elbs natürlich auch in der Frage des Zugangs zu den Sakramenten zu berücksichtigen. Elbs wies auf das Prinzip der „Gerechtigkeit im Einzelfall“ unter sorgfältiger Prüfung des eigenen Gewissens hin. Dazu brauche es eine gute seelsorgliche Begleitung der Menschen. Der Empfang der Kommunion sei keine Belohnung sondern „etwas, dass den Menschen auf seinem Lebensweg stärkt, wie es Papst Franziskus ausdrückt“. Unter dieser Prämisse gebe es zumindest im Einzelfall die Möglichkeit, zur Kommunion zu gehen, so Elbs, das sei für ihn klar. Der Feldkircher Bischof wies in diesem Zusammenhang auf die vom Papst unterstütze Vorgangsweise argentinischer Bischöfe in Umsetzung von „Amoris laetitia“ hin.

Die Teilnahme an der Synode habe ihn auch persönlich verändert, räumte der Bischof ein. Er habe während der Synode auch Phasen der Verunsicherung erlebt, da so viele verschiedenen Meinungen aufeinandergetroffen seien. Die Synode hatte viele kontroverse Themen angesprochen: die Brüchigkeit von Ehen und Familien, das Zusammenleben auf Probe, die Situation von Alleinerziehenden, Geschiedenen und Familien, die durch Armut, Krieg oder Migration belastet sind.

Persönlich geholfen habe ihm in diesen schwierigen Situationen ein Wort des Papstes, wo dieser über Inkulturation gesprochen habe: Es gehe darum, Antworten auf konkrete Anfragen an konkreten Orten zu finden, und so könne auch die Aussage eines Bischofs in einer bestimmten Situation für die Ohren eines anderen Bischofs in einer anderen Situation wie ein Skandal klingen.

Er habe immer stärker gespürt, dass es letztlich in der Seelsorge darauf ankommt, auf Jesus Christus zu schauen, betonte Elbs: „Er ist Vorbild und Motivation unseres pastoralen Handelns.“ Die Haltung Jesu - Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Liebe zu den Menschen - gelte es einzuüben. Das sei wichtiger als die Erfüllung bestimmter Gesetze, oder anders gesagt: Das Handeln Jesu ist uns „Gesetz“.

Der Bischof betont, dass man den synodalen Weg jetzt nicht sozusagen ad acta legen darf, sondern dass das Durchdachte jetzt in die Wirklichkeit umgesetzt werden muss. „Amoris laetitia“ sei nicht gleichsam das Enddokument eines abgeschlossenen Prozesses. Mit den beiden Synoden, den im Vorfeld dazu durchgeführten Umfragen und dem Papstschreiben sei vielmehr eine neue spirituelle Dynamik entstanden, die für die Kirche sehr wertvoll ist. „Amoris laetitia“ sei also sicherlich „kein Dokument für die Schublade“. Ganz im Sinne des Papstes würden nun in vielen Diözesen, so auch in Österreich, die seelsorglich Verantwortlichen nach neuen Wegen suchen.

(kap 10.11.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.