2016-11-03 11:27:00

Papst an Religionsvertreter: Verurteilt Gewalt im Namen Gottes!


Einen Aufruf an alle Religionen, sich klar von Gewalttaten zu distanzieren, die im Namen Gottes verübt werden, hat Papst Franziskus an rund 200 Teilnehmer eines interreligiösen Treffens gerichtet, die er an diesem Donnerstagvormittag im Vatikan empfing. Wenige Tage vor der feierlichen Schlusszeremonie des außerordentlichen Heiligen Jahres buchstabierte er vor den Religionsvertretern die universal gültige Bedeutung von Barmherzigkeit aus. Repräsentanten von Judentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus und anderen Weltreligionen versammelten sich mit dem Papst fast auf den Tag genau 30 Jahre nach dem ersten Friedenstreffen der Religionen, das Papst Johannes Paul II. am 27. Oktober 1986 in Assisi veranstaltet hatte. 

„Möge es nie mehr vorkommen, dass die Religionen aufgrund des Verhaltens einiger ihrer Gläubigen eine misstönende Botschaft aussenden, die in Kontrast zu derjenigen der Barmherzigkeit steht. Leider vergeht kein Tag, ohne dass man von Gewalttaten, Konflikten, Entführungen, terroristischen Attacken, Opfern und Zerstörungen hört. Und es ist schrecklich, dass diese barbarischen Akte teilweise im Namen einer Religion oder Gottes selbst verübt werden. Mögen diese unangemessenen Verhaltensweisen klar und deutlich verurteilt werden, die den Namen Gottes schänden und die religiöse Suche des Menschen verunreinigen,“ so der eindringliche Appell von Papst Franziskus.

Barmherzigkeit ein Thema für alle Religionen

Demgegenüber seien das friedliche Zusammentreffen von Gläubigen verschiedener Religionen und eine wirkliche Religionsfreiheit zu fördern, forderte der Papst seine Gäste auf. Das Heilig-Jahr-Motto Barmherzigkeit sei ein Thema, das allen Religionen gemein sein müsse, zeigte sich der Papst überzeugt. Es sei vor allem die tätige Barmherzigkeit, die aus „uneigennütziger Liebe, „geschwisterlichem Dienst“ und „ehrlichem Teilen“ bestehe. „Das ist der Stil, zu dem auch die Religionen aufgerufen sind, um speziell in unserer heutigen Zeit Botschafter des Friedens und Gemeinschaftsstifter zu sein; um im Gegensatz zu denjenigen, die Konflikte, Spaltungen und Abschottung fördern, zu verkünden, dass heute die Zeit der Geschwisterlichkeit ist.“

Dabei sei es unerlässlich, dass die einzelnen Religionen sich auf Augenhöhe und ohne Anbiederung begegneten, fuhr der Papst fort. Vielen Religionen und Kulturen sei das Streben nach Gewaltlosigkeit und Mitgefühl für den Nächsten gemein, genauso wie die Ablehnung der Ausbeutung von Mitmenschen und die Weigerung, Menschen nur als „Nummern“ und nicht als Geschwister zu betrachten: „Sich um diejenigen zu kümmern, die schwierige Situationen erleben, wie Krankheit, Behinderung, Armut, Ungerechtigkeit sowie die Konsequenzen von Konflikten und Migration, ist ein Ruf, der aus dem Herzen einer jeden wirklich religiösen Tradition kommt. Es ist das Echo der Stimme Gottes, der zum Gewissen eines jeden spricht und ihn einlädt, die Selbstbezogenheit zu überwinden und sich zu öffnen.“

Das Drama des Bösen

Allzu häufig käme es vor, dass die Menschen Gott vergäßen und ihn von ihrem Herzen fern hielten, bedauerte Papst Franziskus. Gemeinsam mit einer mangelnden Bereitschaft, sich an die Vergangenheit zu erinnern und auch den Mitmenschen nahe am Herzen zu tragen, führe dies dazu, dass bereits begangene Fehler der Menschheitsgeschichte, „auch auf noch grausamere Weise“ nochmals begangen würden. „Das ist das Drama des Bösen, der dunklen Tiefen, in die unsere Freiheit tauchen kann, versucht vom Bösen, das stets im Stillen auf der Lauer liegt, um uns zu treffen und zu versenken.“ Doch genau hier, gegenüber „dem großen Rätsel des Bösen, das jede religiöse Erfahrung in Frage stelle, liege der überraschendste Aspekt der barmherzigen Liebe: „Sie lässt nicht zu, dass der Mensch Spielball des Bösen oder seiner selbst bleibt; sie vergisst nicht, sondern erinnert, und beugt sich jeder Misere zu, um sie aufzurichten. Genau wie dies eine Mutter tut, die auch angesichts des schlimmsten Übels, das ihr Kind begangen hat, immer und jenseits der Sünde das Gesicht erkennt, das sie im Schoß getragen hat.“

Vergebung das „größte Geschenk“

Die heutige Welt brauche diese freie und uneigennützige Liebe, die über momentane Tröstungen hinausgeht und Vergebung und Versöhnung bringe. Um Vergebung zu erhalten, erklärte Franziskus seinen Gästen den katholischen Aspekt der Buße, sei es notwendig, selbst Vergebung zu gewähren. Denn die Vergebung, die Gott für uns bereit halte, müsse geteilt werden: „Die Vergebung ist sicherlich das höchste Geschenk, das wir dem Nächsten machen können, denn sie kostet uns am meisten, aber gleichzeitig ist sie es, die uns Gott am ähnlichsten macht.“ Die Sorge um das gemeinsame Haus war ein weiterer Punkt, den der Papst mit seinen Gästen teilen wollte. Es sei notwendig, so Franziskus, die Menschheit zu Genügsamkeit und Respekt zu erziehen, auf dass sie auch den Lebensraum der kommenden Generationen achte und nicht nur an die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse denke.

Hier können Sie die vollständige Papstansprache im englischen Wortlaut lesen.

(rv 03.11.2016 cs)








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