2016-11-01 07:53:00

Libanon: Maronitischer Ex-Armeechef Aoun neuer Präsident


Das Zedernland hat endlich einen neuen Präsidenten: Der 83-jährige frühere Armeegeneral Michel Aoun, ein maronitisch-katholischer Christ, ist am Montag vom Abgeordnetenhaus in Beirut zum libanesischen Präsidenten gewählt worden. Die Wahl des Präsidenten war seit 2014 bereits 45 Mal gescheitert. Aoun gilt als Verbündeter der vom Iran unterstützten Schiitenmiliz Hisbollah. Mitte Oktober gab der sunnitische Ex-Ministerpräsident Saad Hariri seinen Widerstand gegen Aoun auf. Aouns Rivale, der Vorsitzende der christlich-demokratischen Marada-Partei, Suleiman Franjieh, rief seine Anhänger den Angaben zufolge auf, eine ungültige Stimme abzugeben.

Der libanesische maronitische Patriarch Kardinal Bechara Boutros Rai zeigte sich laut Berichten der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA zuversichtlich. Der Libanon erhalte nach einer desaströsen Zeit des Vakuums endlich einen Präsidenten, erklärte er. Die politischen Parteien rief Rai angesichts „der zahlreichen Herausforderungen für das Land, einschließlich jener des Aufbaus innerer Einheit und Versöhnung“ zu einer raschen Regierungsbildung auf.

Seit dem Ausscheiden von Michel Suleiman aus dem libanesischen Präsidentenamt im Mai 2014 waren mehr als 30 Parlamentssitzungen zur Neuwahl eines Präsidenten gescheitert. Grund dafür war, dass sich das prowestliche Bündnis „Allianz des 14. März“ und die zu Syrien hin orientierte „Allianz des 8. März“ nicht einigen konnten. Ebenfalls keine Einigung konnte über ein neues Wahlgesetz erreicht werden.

Das politische System im Libanon beruht seit der Unabhängigkeit 1943 auf einer Aufteilung der Macht unter den verschiedenen konfessionellen Gruppen des Landes. Der Staatspräsident ist jeweils ein maronitischer Christ, der Ministerpräsident ist Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Im Parlament sind Muslime und Christen mit je 64 Sitzen vertreten.

Zur Person

Michel Aoun, geboren 1933 in Beirut, gehört zur alten politischen Elite, die seit Jahrzehnten die Geschicke des Libanon bestimmt. In den letzten zwei Jahren des Bürgerkriegs (1975-1990) war er Regierungschef und Staatsoberhaupt sowie Oberbefehlshaber der libanesischen Armee. General Aoun kämpfte damals gegen die christliche Miliz der „Forces Libanaises“ sowie gegen die syrischen Truppen.

Nach dem Krieg ging Aoun ins Exil nach Frankreich. 2005 kehrte er wieder zurück, nachdem sich die syrische Besatzungsmacht zurückgezogen hatte. „Ich verließ den Libanon nicht freiwillig, ich wurde verbannt“, sagte Aoun vor kurzem.

Nach seiner Rückkehr versöhnte sich Aoun zunächst mit dem Assad-Regime in Damaskus. Dann schloss er mit der Hisbollah eine strategische Allianz. Seit 2006 gehört seine Freie Patriotische Bewegung einem Parteienbündnis an, das von Schiiten dominiert wird.

Der Ex-General schloss inzwischen sogar mit einem Erzfeind aus den Tagen des Bürgerkriegs, Samir Geagea, Frieden. Denn Geagea war damals Anführer der Milizen der „Forces Libanaises“. Doch dieses Kapitel wollten beide hinter sich lassen, so dass Geagea nun Aouns Kandidatur unterstützte.

(kap 01.11.2016 mg)








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