2016-10-17 18:19:00

Papst Franziskus und der Kampf gegen den Menschenhandel


Der Kampf gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel ist eines der Hauptthemen im Pontifikat von Papst Franziskus. Radio Vatikan fasst die diesbezüglichen Initiativen des Heiligen Stuhles zusammen.

Globale Probleme brauchen globale Lösungen

Regelmäßig verurteilt der Papst moderne Formen der Sklaverei wie Zwangsarbeit, Zwangsprostitution und Organhandel. Seit seinem Amtsantritt ließ er darüber zahlreiche Vatikaninitiativen auf den Weg bringen, um das Phänomen weltweit systematisch zu bekämpfen. Dabei geht es einerseits um Aufklärung – denn Menschenhandel und Sklaverei sind nur möglich, wenn sie Abnehmer finden. Andererseits geht es darum, im Kampf gegen den globalen Menschenhandel länderübergreifende Koalitionen zu bilden, bereits bestehende Netzwerke zu nutzen und Brücken zwischen verschiedenen Religionen und gesellschaftlichen Akteuren zu bauen.

Gläubige verschiedener Konfessionen und Religionen, Bürger und Zeugen des Unrechts, Menschenrechtler und Hilfsorganisationen, Polizisten, Richter, Diplomaten, Staatschefs und Regierungen müssen in den Kampf gegen Menschenhandel eingebunden werden – globale Themen brauchen globale Lösungen, weiß der Papst. Und er ruft „alle Menschen guten Willens“ auf, dem perfiden Milliardengeschäft gemeinsam die Grundlage zu entziehen. Im Mittelpunkt des kirchlichen Ansatzes steht der Schutz der Opfer. Es sind viele. Zieht man Statistiken wie den Global Slavery Index heran, dürften derzeit über 45 Millionen Menschen weltweit in verschiedensten Formen als „Sklaven“ leben. 

Vom Anliegen zur Task Force

Nur wenige Wochen nach Pontifikatsbeginn schrieb der neue Papst ein paar Zeilen an einen Landsmann im Vatikan, Bischof Marcelo Sánchez Sorondo, den Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und der Sozialwissenschaften: „Marcelo, ich glaube es wäre gut, Menschenhandel und moderne Sklaverei zu untersuchen. Organhandel könnte man in Verbindung mit Menschenhandel untersuchen. Vielen Dank. Franziskus“. Was mit einem Anliegen und zwei Sätzen begann, hat sich dank vatikanischer und weltkirchlicher Netzwerke bis heute zu einer regelrechten „Taskforce“ gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei entwickelt.

Ihre Arbeit zum Thema nahm die Akademie bereits im November 2013 auf. Gut ein Jahr später, im Dezember 2014, lud man hochrangige Vertreter der Weltreligionen in den Vatikan, um Kräfte im Kampf gegen den Menschenhandel zu bündeln. Sie unterzeichneten am 2. Dezember mit Papst Franziskus eine Erklärung gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei – ein historischer Schritt.

Historische Erklärung: Menschenhandel „Verbrechen gegen Menschlichkeit“

In der Erklärung brandmarkten die Religionsvertreter Menschenhandel und moderne Formen der Sklaverei als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und riefen alle Staaten dazu auf, dagegen vorzugehen. Zugleich verpflichteten sie sich, Gläubige und alle „Menschen guten Willens“ für den Kampf gegen diese Verbrechen zu mobilisieren. Ehrgeizig ist das erklärte Ziel: Es lautet, die „moderne Sklaverei weltweit bis 2020 und für alle Zeiten abzuschaffen“. Zu den Unterzeichnern zählten neben dem Papst unter anderen das Ehrenoberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby, der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios, ein Vertreter der Kairoer Al-Azhar-Universität als führende Lehrstätte des sunnitischen Islam, und der Rabbiner David Rosen für das American Jewish Committee. Mit der Al-Azhar-Universität und der anglikanische Gemeinschaft hatte sich der Vatikan bereits im März 2014 zu einem „Global Freedom Network“ zusammengeschlossen.

Der Vatikan schaltete parallel die Internetseite Endslavery.va frei, die über alle Initiativen zum Thema informiert. Außerdem wurde im April 2014 die sogenannte Santa Marta Group gegründet: Im vatikanischen Gästehaus werden dafür regelmäßig Kirchenleute mit Vertretern internationaler Polizeibehörden aus über 30 Ländern zusammengebracht. Sie sprechen über opferzentrierte Strategien gegen Menschenhandel. Nächste Sitzung des Gremiums ist am kommenden 26. und 27. Oktober.

Papstbotschaft, Konferenzen und Netzwerk

„Nicht mehr Knechte, sondern Brüder“ – unter diesem Motto stand die Papstbotschaft zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2015. Darin geißelte Franziskus neue Formen der Sklaverei – Menschenhandel, Zwangsarbeit, Prostitution, Organhandel – als „Plage der Menschheit“.

Bei einem Treffen mit Fachleuten zum Thema im April 2015 betonte der Papst, es brauche eine großangelegte Strategie, um Menschenhandel einzudämmen. Man müsse eine weltweite Regelung einführen, um jene zu bestrafen, die sich am Menschenhandel mitschuldig machen, hielt er weiter fest. Andererseits müsse man auch die Opfer dieser Sklaverei besser begleiten und in die Gesellschaft einbinden. Außerdem sollten Behörden jegliche Beteiligung am Menschenhandel unterlassen, holte Franziskus gegen das Wegsehen der Institutionen aus: „Oft – sehr oft – werden diese neue Formen der Sklaverei von staatlichen Institutionen beschützt statt bekämpft, wie es eigentlich vorgesehen ist.“

Die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften hatte derweil schon die zweite einer Reihe hochkarätiger Konferenzen zum Menschenhandel ausgerichtet. Weiter veranstaltete sie Workshops wie zB ein Seminar zum Thema Kinderhandel. Im Dezember 2014 hatten sich Vertreter verschiedener Religionen Religionen in den Vatikanischen Gärten getroffen, im Juli 2015 waren es Bürgermeister und Kommunalpolitiker aus Großstädten aller Kontinente. Bei einer weiteren Konferenz im Juni 2016 trafen sich Richter, Staatsanwälten und Juristen. Der Papst brandmarkte bei dieser Gelegenheit Menschenhandel, moderne Sklaverei, Organhandel und organisierte Kriminalität erneut als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

Neue Vatikanbehörde: Menschenhandel und Sklaverei Arbeitsbereiche

Auch andere Vatikanbehörden sind im Kampf gegen Menschenhandel aktiv: So organisierten im September 2016 Caritas Internationalis und der Päpstliche Migrantenrat eine internationale Konferenz in Nigeria zum Thema Menschenhandel in und aus Afrika. Vier Themenblöcke wurden behandelt: Handel von Kindern, sexueller Missbrauch und Arbeitsversklavung, Menschenhandel auf dem Meer und Menschenhandel in Katastrophensituationen.

Offiziell zuständig für den Bereich Menschenhandel und Sklaverei innerhalb des Vatikan ist ab 1. Januar 2017 die neue Vatikan-Behörde für Gerechtigkeit und Frieden. Das „Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ - so der offizielle Titel - ist für ein dichtes Bündel an Menschenrechts- und sozialen Fragen zuständig, darunter auch Migration, Umwelt, Armut, Kranke und Ausgeschlossene, Gefangene, Arbeitslose, Opfer von Kriegen und Naturkatastrophen und Folter.

(rv 17.10.2016 pr)

 








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