2016-09-29 13:46:00

Premiere in den Vatikanischen Museen: Kunst zum Anfassen


Die Videokunst fasst Fuß in den Vatikanischen Museen: Im neuen „Saal Studio Azzurro“ können Museumsbesucher ab sofort eine Videoinstallation nicht nur ansehen, sondern auch berühren und anhören. Das Kunstwerk „Am Anfang (und dann)“ war Teil des vatikanischen Pavillons bei der der Biennale von Venedig 2013, erläuterte der Präsident des vatikanischen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, bei der Vernissage. Das Werk zeigt auf drei interaktiven Großleinwänden Menschen, die, wenn man sie berührt, direkt auf den Besucher reagieren.

Darunter sind die Stimmen von Häftlingen in Mailand, die ihren Stammbaum vorstellen, ähnlich wie es in der biblischen Genesis vorkommt. An den beiden Seitenwänden werden hingegen Namen von Pflanzen ausgesprochen oder mit der Gebärdensprache vorgestellt. „Dieses Werk ist von drei Stichwörtern geprägt", erläutert Ravasi: „Das ist ohne Zweifel der Begriff ,Wort´, weil die Gefängnisinsassen anhand ihres Stammbaumes die Geschichte der Menschheit erläutern und zwar durch ihren eigenen Mikrokosmos. Das zweite Stichwort ist ,sehen´, denn diese Videoinstallation ist vor allem visuell und durch die Darstellung der Gebärdensprache geschieht vieles im Stillen. Das dritte, für ein Museum ungewöhnliche Stichwort lautet ,berühren´.“

Über die interaktiven Bildschirme greift der Zuschauer als aktives Element des Kunstwerks in den Dialog über die Schöpfung ein. Und da erläuterte Museumsdirektor Antonio Paolucci, dass zum ersten Mal in den Museen des Papstes ein Kunstwerk explizit zum Berühren gedacht sei.

„Was die Künstler dieser Ausstellung unbedingt wollten, ist die aktive Beteiligung der Museumsbesucher. Das ist also ein Kunstwerk, in der jeder selber Teil des Kunstwerkes ist. Bisher war es bei uns – und auch in den anderen üblichen Museen – so, dass man die Werke betrachten konnte, sich Gedanken darüber machen sollte und eventuell eine Interpretation suchte. Jetzt hingegen haben wir eine Abteilung, in der ich als Besucher an der Schaffung der Kunst beteiligt bin. Es ist gleichzeitig sehr poetisch und einfach zu verstehen.“

Hinter dem Werk steht das Künstlerkollektiv „Studio Azzurro“ aus Mailand. Einer der beteiligten Künstler ist Leonardo Sangiorgi, der seit 1982 Video Art produziert. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er, er empfinde den heutigen Kunstschaffenden nicht als einen „Einzelgänger“ im Elfenbeinturm weitab von der Welt.

„Der Künstler ist eine Person, die mitten auf dem Markplatz steht und mit den Mitmenschen in Kontakt tritt. Er braucht die Mitmenschen, um auf der Suche nach seiner Vision der Welt zu gelangen. Das ist das, was wir in dieser Ausstellung einbringen wollen.“

Der „Saal Studio Azzurro“ ist im üblichen Rundgang der Vatikanischen Museen enthalten und liegt in der Nähe Raffael-Stanzen Richtung Sixtinische Kapelle.

(rv 29.08.2016 mg)








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