2016-09-27 11:07:00

Papstmesse: In den dunkelsten Momenten beten und schweigen


Was sollen wir tun, wenn wir die dunkle Nacht der Seele erleben? Beten und schweigen. Das sagte Papst Franziskus in seiner Frühmesse von diesem Dienstag in der vatikanischen Casa Santa Marta. Der Papst ging von der Lesung aus dem Buch Ijob aus; in ihr klagt der Gerechte, nachdem er alles verloren hat: „Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, / die Nacht, die sprach: Ein Mann ist empfangen.“

Ijob beklage sich bei Gott, so überlegte Franziskus in seiner Predigt, aber er klage Gott nicht an. Eher spreche er „in einer großen spirituellen Verzweiflung“ zu ihm „wie ein Sohn zu seinem Vater“.

„Die spirituelle Verzweiflung ist etwas, das uns alle überkommt: Sie kann mal stärker, mal schwächer sein. Ein dunkler Moment der Seele, ohne Hoffnung, misstrauisch, ohne Freude am Leben, ohne das Licht am Ende des Tunnels zu sehen... Die spirituelle Verzweiflung gibt uns das Gefühl, als wäre unsere Seele zerquetscht: Sie vermag nicht mehr zu leben, sie will es auch nicht mehr. Dann lieber sterben!, ruft Ijob. Lieber sterben, als so zu leben. Wir müssen verstehen, wann unser Geist in diesen Zustand großer Traurigkeit gerät... Uns allen passiert das. Stark oder nicht stark – uns allen. Verstehen, was da in unserem Herzen vorgeht.“

Aus vielerlei Gründen könne man in eine ähnliche Krise wie Ijob geraten, so der Papst weiter: „wegen eines Dramas in der Familie, wegen einer Krankheit“. Und was dann? Die einen griffen zu Schlaftabletten „oder trinken zwei, drei, vier Gläschen“ – aber „das hilft nicht“, so Franziskus. Was hingegen helfe, sei das Gebet, der Schrei zu Gott.

„Ein Gebet, das an die Tür klopft, und zwar kräftig! Herr, ich kann nicht mehr. Mein Leben ist am Rand der Unterwelt. Ich habe keine Kraft mehr. Wie oft fühlen wir uns so, ohne Kraft... Und das ist das Gebet. Der Herr selbst lehrt uns, wie wir in diesen furchtbaren Momenten beten sollen. Herr, du hast mich in den tiefsten Graben geworfen. Dein Zorn lastet auf mir. Möge mein Gebet doch zu dir gelangen! Das ist Beten: So sollten wir beten in den schlimmsten, dunkelsten Momenten... Das bedeutet es, wirklich zu beten. Und auch, sich zu beklagen, wie Ijob das tat. Wie ein Sohn!“

Das Buch Ijob erwähne das Schweigen seiner Freunde. Das gab dem Papst Anlass, zu sagen: Angesichts eines leidenden Menschen „können Worte wehtun“. Was zählt, sei die Nähe zum Leidenden, „aber ohne Reden zu schwingen“. Franziskus wörtlich: „Wenn ein Mensch leidet oder in spiritueller Verzweiflung ist, dann sollte man so wenig sprechen wie möglich. Dann sollte man helfen durch Schweigen, durch Dasein, durch eine zärtliche Berührung.“

„Erstens: In uns die Momente der spirituellen Verzweiflung anerkennen – wenn wir im Dunkeln sind, ohne Hoffnung, und uns fragen, warum. Zweitens: Zum Herrn beten. Mein Beten gelange bis zu dir, Herr! Und drittens: Wenn ich einen Leidenden sehe, der verzweifelt ist, still sein. Aber still sein voller Liebe, Nähe, Zärtlichkeit. Und keine Reden halten, die nicht helfen, sondern die sogar wehtun können.“

(rv 27.09.2016 sk)








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