2016-07-05 12:14:00

Moskau will Konzilsbeschlüsse von Kreta prüfen


Das Leitungsgremium der russisch-orthodoxen Kirche, der Heilige Synod, will sich voraussichtlich noch im Juli mit den Beschlüssen des orthodoxen Konzils von Kreta befassen. An der Versammlung auf der griechischen Insel hatten zehn der 14 autokephalen orthodoxen Kirchen teilgenommen, nicht jedoch die Kirchen von Russland, Antiochien, Georgien und Bulgarien. Das Moskauer Patriarchat erkennt die bei dem Konzil angenommenen Dokumente bisher nicht an. Es spricht der Zusammenkunft den Rang eines Panorthodoxen Konzils ab, weil ihr die vier genannten Kirchen ferngeblieben waren. Stattdessen ist in Moskau von der „Versammlung“ die Rede, die auf Kreta stattgefunden habe.

Der stellvertretende Leiter des Außenamtes der russisch-orthodoxen Kirche, Erzpriester Nikolaj Balaschow, sagte, das Moskauer Patriarchat werde seine Haltung zu den Dokumenten von Kreta bei der nächsten Sitzung des Heiligen Synod festlegen. Das Gremium solle im Juli zusammenkommen. Die Texte müssten zunächst sorgfältig geprüft werden. Für eine Stellungnahme sei es noch zu früh, so Balaschow.

Entschieden wies der Erzpriester die Argumentation des Pressesprechers des Patriarchats von Konstantinopel, John Chryssavgis, zurück, die Beschlüsse von Kreta seien automatisch für alle orthodoxen Kirchen verbindlich. Chryssavgis hatte bei einer Pressekonferenz zu einer Journalistin des staatlichen russischen Fernsehens gesagt: „Sie kommen aus einem demokratischen Land, in dem jeder wählen kann. Nun haben manche Menschen entschieden, nicht abzustimmen. Heißt das, dass sie in keiner Demokratie leben?“ Balaschow sagte dazu, der Vergleich eines Kirchenkonzils mit demokratischen Regeln sei unzulässig: „Es hat nie Demokratie in der Kirche gegeben, und es wird keine geben.“ Die Macht in der Kirche liege bei Gott und nicht bei den Menschen wie in einer Demokratie.

Die russisch-orthodoxe Kirche hatte ihre Teilnahme an dem Konzil mit der Begründung abgesagt, dass zuvor bereits drei andere Kirchen erklärt hätten, nicht nach Kreta zu kommen. Deswegen seien die Voraussetzungen für ein panorthodoxes Konzil nicht erfüllt. Denn dieses könne nur gültige Beschlüsse fassen, wenn sie einstimmig von allen Kirchen getroffen würden.

Verheimlichte Konzilsopposition

Die Kirche von Zypern war auf dem Konzil von Kreta im Juni eine der Säulen, auf die sich der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. stützen konnte, um dessen gesamtorthodoxe Geltung trotz des Boykotts durch vier Kirchen abzusichern und strittige Konzilsvorlagen durchzusetzen. Im Nachhinein melden sich nun zypriotsche Bischöfe zu Wort, die auf dieser „Heiligen und Großen Synode der Orthodoxie“ Unterschriften verweigert hatten, aber trotzdem in den offiziellen Dokumenten als Unterzeichner ausgewiesen sind.

An der Spitze dieser verheimlichten Konzilsopposition - aus Griechenland ist bisher nur ein solcher Fall bekanntgeworden - steht auf Zypern Metropolit Athanasios Nikolaou. Der 57-Jährige leitet seit 1999 den nach dem „allzyprischen“ Erzbistum in der Hauptstadt Nikosia bedeutendsten Kirchensprengel von Limassol, dem wichtigsten Hafen und wirtschaftlichen Zentrum der Insel. Auch von dort stammend, ging er 1980 als Diakon - wie damals viele Zyperngriechen - auf den Heiligen Berg Athos. Im Eremitendorf Nea Skiti schloss er sich den Schülern von Joseph dem Hesychasten an. Sie verbanden eine perfektionistische Spiritualität mit rigorosem Anti-Ökumenismus und setzten sich damit in der Mönchsrepublik und der orthodoxen Diaspora bis in die USA durch. Ihre wichtigste Eroberung auf dem Athos wurde dessen größte und reichste Abtei Vatopedi.

Auch Nikolaou übersiedelte aus seiner anfänglich kargen Klause dorthin, wurde Vertreter von Vatopedi in der Mönchsregierung und brachte es 1991-92 sogar zum Protespistatis (Präsidenten) des Klosterstaates. Nach seiner Wahl zum Abt des zyprischen Marienheiligtums Machaira 1993 führte er auch dort die strikte Zucht und ultraorthodoxe Engstirnigkeit vom Athos ein. Dasselbe tat er in den letzten 17 Jahren in der Metropolis Limassol. Athanasios Nikolaou trat an die Spitze der prorussischen Kirchenpartei Zyperns und wurde jetzt zum „fundamentalistischen U-Boot“" beim orthodoxen Konzil. Beobachter in Nikosia sehen in seinem „Outing“ nun nicht nur eine nachträgliche Infragestellung der Heiligen und Großen Synode, sondern ebenso den Beginn einer offenen Revolte gegen den konstantinopeltreuen Erzbischof Chrysostomos II. von Zypern.

„Nach bestem Wissen und Gewissen“

Darin wird er durch Metropolit Neophytos Masuras von Morphou unterstützt. Dieser war in den 1980er Jahren als Laientheologe und Jurist in Athen tätig, wo er auch zum Diakon geweiht wurde. Als Gefolgsmann der konservativen Kirche von Griechenland kam Masuras 1987 nach Zypern zurück, machte Karriere und wurde 1998 Metropolit des nordzyprischen Bistums Morphou. Es steht zu einem Drittel unter türkischer Besetzung. Als Bischof sorgte er wiederholt durch seine apokalyptischen Erwartungen ("Der Dritte Weltkrieg und mit ihm die Endzeit stehen bevor") für Aufsehen. Jetzt hat er seinem Outing als Nichtunterzeichner des Ökumenedekrets des Konzils eine ausführliche Widerlegung von dessen "Irrlehren" folgen lassen.

Eine Reihe von anderen Metropoliten, die ihre Unterschrift verweigert haben sollen, hält sich noch bedeckt. Unter ihnen Basilios Karayiannis von Konstantia und Ammochostos (Famagusta), ebenfalls im türkisch besetzten Nordzypern. Er war 1982 bis 1991 Generalvikar der griechisch-orthodoxen Metropolis für die Schweiz, also ein Mann des Ökumenischen Patriarchats. Doch ließ er sich nun in Sachen seiner Konzilsunterschrift zu keiner klaren Aussage bewegen. Karayiannis erklärt nur, „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt zu haben.

(kap 05.07.2016 cs)








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